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Fischerpfad (PT) / Trilho dos Pescadores

 

Im April 2024 erwandere ich den Fischerpfad in Portugal 🇵🇹.

Der ursprünglich nur 75 km lange Weg entlang einiger Fischerdörfer ist inzwischen auf stattliche 13 Etappen (226,5 km) gewachsen und verläuft an der südwestlichen Küste Portugals. Häufig wandert man direkt an der Steilküste, manchmal auch direkt am Strand und vor allem in der zweiten Wegeshälfte auch durch Wald- und Kulturlandschaften.
Auf der Karte kannst Du sehen, wie weit ich schon gewandert bin.

Hinweis: Da die GPS-Aufzeichnungen manchmal Fehler enthalten (schwaches Signal, Reflexion, etc.) und die auf dieser Seite verwendete Software diese Fehler nicht herausrechnet, weichen auf dem Fischerpfad meine täglichen Entfernungen z.T. sogar um 1 - 2 Kilometer nach oben hin ab im Vergleich zu Komoot/Garmin. Früher habe ich Abweichungen in dem Ausmaß nicht wahrgenommen. 

Etappen Länge Auf Ab
13 282.2 km 3480 Hm 3533 Hm

Tag 00 - Anreise via Lissabon nach Sines

Frankfurt, 13.04.2024

Als mich der Wecker um 2 Uhr aus süßen Träumen reißt, denke ich nur kurz darüber nach, ob es sich gelohnt hat, mich für nur vier Stunden Schlaf ins Bett zu legen, denn ich bin mir sicher, dass es sich sehr lohnt, jetzt aufzustehen. Denn der Urlaub beginnt und der Fischerpfad in Portugal ruft!

Eine gute Stunde nachdem ich die Haustür hinter mir zugezogen habe, bin ich bereits am Frankfurter Flughafen und habe meinen Rucksack gut verpackt eingecheckt. Völlig stressfrei mit dem ÖPNV. Genau dafür liebe ich meinen neuen Wohnort.
Nach einer kleinen Wanderung zum Gate A36 wundere ich mich dort wie so oft, wie viele Fluggäste schon von der Aufgabe überfordert zu sein scheinen, „1 Stück Handgepäck“ richtig abzuzählen.

Obwohl weder das Boarding, noch der Abflug und auch nicht der Touchdown in Lissabon zu den planmäßigen Zeiten erfolgt, spricht niemand von Verspätung, wohingegen bei gleicher Verspätung der Bahn „skandalöse Zustände“ herrschen würden. Klassische Wahrnehmungsverschiebung. Und so ist es 9 Uhr, als ich mein Gepäck eine Dreiviertelstunde nach planmäßiger Ankunft wohlbehalten in meine Arme, beziehungsweise auf meinen Rücken nehmen kann.

Nachdem ich einem Metro-Automaten dank guter Vorbereitung problemlos ein Tagesticket entlocken konnte, belohne ich mich mit dem ersten portugiesischen Milchkaffee (galão) für 2,10 €. Im Flughafen Humberto Delgado wollte man dafür gut 4 € und in Frankfurt über 6 €. Welcher Irrsinn! Und lecker ist der Galão auch noch.

Mit der Metro fahre ich Richtung Bairro Alto. Aus einer der größten europäischen Finanzmetropolen kommend, nehme ich besonders wahr, wie farbenfroh und gepflegt die Metro-Stationen hier sind. Kein Müll, kaum Schmierereien und keine Obdachlosen, die in der Metro-Station herumhängen oder wohnen. Das Gegenteil von Frankfurt.
Als die Metro wegen technischer Probleme nicht weiterfährt, fühle ich mich fast heimisch und nehme dies zum Anlass, früher als geplant auszusteigen und stattdessen diesen Teil von Lissabon zu erkunden. Schon als ich durch den ersten Park gehe, ist der gute Eindruck dahin. Die Obdachlosen leben hier einfach in den Parks. Also herrscht hier doch keine bessere Situation - nur wärmeres Klima.

Am Praça de Figueira (Platz des Feigenbaums) brummt das Leben und ich bin von den historischen Gebäuden hingerissen - und natürlich von dem über 100 Jahre alten Aufzug, der den unteren mit dem oberen Stadtteil verbindet. Das alles bei frühlingshaften Temperaturen und stechender Sonne. Ich bin gespannt, wie ich die nächsten Tage damit klarkomme.
So erreiche ich das Wasser (den Tejo) am beeindruckenden Marktplatz (Praça do Comércio) mit Triumphbogen und Reiterstandbild. Und schon wurden meine geheimen Wünsche erhört, denn ein Verkäufer bietet Sonnenbrillen zum Aufklipsen auf die normale Brille an. Weil ich so nett bin, bekomme ich sogar einen Sonderpreis. Haha.
Jetzt kann ich wieder besser sehen und die indische Sängerin Sanaea Bubber sorgt für angenehme musikalische Untermalung der wunderschönen Aussicht, sodass ich gerne verweile und genieße.

Durch das höher gelegene Bairro Alto schlendere ich schwitzend zur spektakulären, 1885 erbauten Standseilbahn „Elevador de Gloria“, die mich wieder nach unten bringt. Da mir die Sonne zu schaffen macht, genieße ich eine Pause im Schatten und gönne mir ein leckeres Bierchen (Sagres 0,0) und die lokale Spezialität „Pastel de Nata“ (Blätterteigtörtchen mit Creme-Füllung).

Den Fernbusbahnhof finde ich zum Glück rechtzeitig - Google sei Dank. Jetzt versuche ich, zu verstehen, wie das Prinzip funktioniert. Wie am Flughafen bekommen die Busse kurz vor Abfahrt einen Bussteig zugewiesen. Bis dahin kann ich mich also in der überdachtem Halle mit Café und benutzbaren Toiletten ausruhen. Die ungewohnte Wärme (laut Wetter-App gefühlte 27 Grad) setzt mir ziemlich zu. Hoffentlich akklimatisiere ich mich schnell.

Der Bus ist rechtzeitig da und fährt pünktlich ab. Ich habe mir einen (teureren) Platz in der ersten Reihe gebucht. Dort habe zwar die geringsten Überlebenschancen im Falle eines Unfalls, unerwartet wenig Beinfreiheit und eine grandiose Aussicht. Alleine schon die Fahrt über die Vasco-da-Gama-Brücke über den Tejo ist den Preis von schlappen 15 € wert. Schon bald nach Lissabon wird es ziemlich ländlich und wenig besiedelt.

Nach 3 Stunden bin ich dann genug durchgeschaukelt worden, habe Sines erreicht und kann den Kühltransporter verlassen. Endlich! Etwa 2000 km Luftlinie trennen mich jetzt von Frankfurt. Ab jetzt geht es langsamer weiter.

Der Check-in in mein AirBnB verläuft etwas holprig, doch dann bin ich drin. Die Wohnung hat 5 Zimmer, die sich 2 Bäder teilen. Hier darf man nirgends hingucken, doch es kostet nur die Hälfte des günstigsten Hotels - kein Wunder, dass ich in der Selbstversorgerküche zwei junge Mädels treffe. Sie sprechen ordentliches Englisch und entpuppen sich als Deutsche.

Ich ziehe gleich wieder los, um mir die Altstadt und den Strand (schon wieder Vasco da Gama) anzuschauen und Wasser für morgen zu kaufen. Direkt neben dem Schloss/Kastell esse ich draußen zu Abend. Die Sonnenschirme des einfachen Lokals sind zerfetzt, doch der „perfekte Salat“ (salada no ponto) besteht aus der ungewöhnlichen Kombination von Tomaten, Zwiebeln, Melone, gutem Schafskäse und frisch gebratenen Thunfischsteak-Stücken. Himmlisch! Hier gefällt es mir. Ich glaube, ich komme gerade im Urlaub an. Bitte weiter so!

 

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Tag 01 - Von Sines nach Porto Covo

Sines, 14.04.2024

Von ein paar herumkrakeelenden Leuten, die nachts unter meinem Fenster entlanggegangen sind, und ein paar Idioten, die ihre Motorräder mit aufheulenden Motoren mit Fehlzündung durch den Ort gejagt haben, war die Nacht ruhig. Das Bett war bequem und ich habe tief geschlafen.
Vermutlich aufgrund der Zeitverschiebung bin ich früh wach und mache mich fertig. Ausgeschlafen sieht die Unterkunft schon etwas besser aus und doch bin ich vor 8 Uhr weg.

In der Nähe finde ich eine Pasteleria (Konditorei), in der ich frühstücken möchte. Viele einheimische Rentner und Arbeiter scheinen hier, zum Teil am Tresen stehend, ihren Kaffee zu nehmen. Gerne auch in Kombination mit einem Mini-Gläschen Rotwein aus dem Tetrapak. Es ist (vermutlich) absolut landestypisch und ich würde diese Atmosphäre gerne in einem Foto festhalten, doch ich traue mich nicht. Ich fände es unanständig und falle auch so schon auf wie ein karierter, bunter Hund. Englisch und Kartenzahlung sind hier auch nicht angesagt. Immerhin kann ich mithilfe einer Bildertafel schon Käsetoast und Milchkaffee auf Portugiesisch bestellen. Hier kostet der Galão übrigens nur günstige 1,15 €.

Und dann gehe ich los. Mein gestern noch leichter Rucksack fühlt sich nach Zuladung von 3 l Wasser plötzlich ganz anders an. Ob 3 Liter übertrieben sind?
Der alte Stadtkern von Sines ist eine bunte Mischung aus sehr gepflegten Häusern und vor sich hin gammelnden, verfallenden Bruchbuden. Vorbei am Kastell, das ich vom gestrigen Abendessen schon kenne, bin ich bald am Strand, der bis auf ein paar Jogger menschenleer ist.

Der Fischerpfad startet am Strand São Torpes, etwa 6 km südlich von Sines. Der Wanderführer behauptet, dass man nur mit dem Taxi dorthin gelangt, doch sowohl die Vermieterin des Airbnb, als auch die einheimische Bedienung im Restaurant gestern Abend meinte, man könne direkt an der Hauptstraße entlang dorthin gehen. Zu Hause habe ich ewig verbracht, die Situation mit Google Street View zu analysieren und hatte mir einen Weg durchs Hinterland herausgesucht, der zwar auch nicht reizvoll, dafür aber 4 km länger ist.
Zuerst wandere ich nun die Strandpromenade entlang, dann geht es auf einem Radweg weiter und als dieser endet, wechsle ich auf das Schotterbett einer lange nicht mehr befahrenen Eisenbahnlinie. Danach geht es direkt auf dem breiten Seitenstreifen der A 26-1 weiter. Die Frau aus dem AirBnB hatte schon recht - der Weg ist wirklich gut befestigt und einfach zu begehen. In Portugal scheint es üblich zu sein, auf Autobahnen bzw. Schnellstraßen zu wandern, denn laut Markierung führt auch der Jakobsweg hier entlang.
So passiere ich die den Hafen mit den riesigen Gastanks, sowie das Container-Terminal.

Mit aufgespannten Regenschirmen als Sonnenschutz kommen mir zwei Wanderer entgegen. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich mich mal freuen würde, wenn jemand Französisch spricht, doch so kann ich immerhin herausfinden, dass sie den Fischerpfad in entgegengesetzter Richtung gerade beenden. Sandig sei es. Und schön. Sehr schön!

Noch ein Stück entlang der Straße und schon darf ich auf einen parallelen Feldweg ausweichen, bevor ich nach insgesamt gut acht Kilometern am späten Vormittag den Startpunkt der heutigen Etappe am fantastischen Strand São Torpes erreiche. Ein breiter, flacher und sauberer Sandstrand beginnt hier direkt neben den rechter Hand liegenden Industrieanlagen. Also schaue ich einfach nach links und freue mich.
Am Strand und der Surf-Bar Kalux sind schon einige Surfer und es reizt mich sehr, ein Bad in den Wellen zu nehmen. Doch zuerst einmal sind Kaffee und Pause angesagt. Und zuallererst wird die gestern noch für praktisch empfundene Aufklips-Sonnenbrille in den Rucksack verbannt und meine einfache Sonnenbrille ohne Sehschärfe aufgesetzt. Das Zusatzgewicht der Aufklips-Gläser in Kombination mit Sonnencreme und Schweiß sorgt nämlich für eine unsägliche Rutschpartie auf meinen Nasenflügeln. Mega nervig. Ich glaube, das Thema „Brille“ ist bei mir noch nicht final abgeschlossen.

Weiter geht’s. Da ich jetzt offiziell auf dem Fischerpfad bin, bedeutet dies, dass ich weiter entlang der Straße wandern darf. Oft ohne Seitenstreifen, dafür mit fantastischem Blick aufs Meer und die Surfer, die hinter der Brandungszone im Line-up auf die perfekte Welle warten.
Nach 3 km trennen sich Weg und Straße endlich und ich bin für mich alleine. Zum Glück gibt es GPS, denn spärlich vorhandene, dunkelbraune Pfosten mit dezenten grün-blauen Streifen als Markierung lassen sich schnell mal übersehen. Immerhin stören sie dadurch kaum die fantastische Szenerie.
Eine unglaubliche Farbenpracht aus magenta, lila und gelben Blüten entlang des Weges, gemischt mit dem Azur des Meeres, der weißen Brandung der Wellen und dem wolkenlos blauen Himmel – einfach wunderschön!

Die Küste entwickelt sich hier langsam zur Steilküste und als ich bei einer Überquerung eines einfließenden Baches in einer völlig einsamen Bucht stehe, beschließe ich, hier direkt an der Wasserlinie weiter dem Strand entlangzuwandern, statt dem wieder oben verlaufenden Weg zu folgen. Kleine Buchten reihen sich aneinander und nach einiger Zeit habe ich ungewollt die Stelle gefunden, an der sich einzelne, nahtlos gebräunte Männer sonnenbaden oder spazieren gehen. Wegen des felsigen Ufers finde ich Baden nicht attraktiv und gehe weiter. Kurz darauf endet allerdings der Strand und die aus dem Wasser ragenden Felsen werden für mich unüberwindlich. Ich befürchte schon, den ganzen Weg an den nackten Männern zurückgehen zu müssen, als ich eine einzelne Fußspur zur zerklüfteten Steilküste führen sehe. Ich denke mir, diesem Weg zu folgen, ist vermutlich interessant, möglicherweise gefährlich und ganz bestimmt verboten.

Wieder oben auf der Steilküste angekommen, kann ich bereits Porto Covo in 4 km Entfernung sehen. Jetzt wäre es die richtige Entfernung für ein erfrischendes Bad. Der nächste Strand ist schön, doch das haben auch schon einige andere Menschen bemerkt, sodass ich weitergehe. Ich wähle stattdessen eine kleine Bucht, zu der ich über eine steile Treppe hinabsteige. Dort tauche ich kurz ins Wasser und weiß nun, warum fast ausschließlich Surfer mit Neopren länger im Wasser sind. Es ist brrr.

Ich merke, dass ich so langsam dringend etwas Schatten benötige, doch zuvor darf ich mich der Herausforderung stellen, mit möglichst trockenen, sandfreien Füßen in meine Schuhe zu kommen. Gar nicht so einfach, wenn es nur spitze Steine zum Hinsetzen gibt und überhaupt kein Süßwasser zum Abwaschen des Sands vorhanden ist. Nach einer Weile gelingt es mir einigermaßen und ich wandere weiter. Und natürlich ist der Strand in der nächsten Bucht schöner und der übernächste Strand ist ein „praia naturista“. Da "praia" Strand bedeutet, ist mir klar, dass mir hier die nasse, sandige Badehose erspart geblieben wäre. Egal - mein Bad war auch herrlich.

Direkt am Ortseingang von Porto Covo befinden sich ein paar Sitzgelegenheiten im Halbschatten, nach denen ich mich so sehr gesehnt habe. Ich verzehre eine kleine Dose Fisch mit ein paar Keksen. Eine gewagte Kombination, doch ich habe Hunger und möchte erst heute Abend richtig essen. Von hier aus kann ich den unter mir liegenden Strand beobachten, doch auch hier halten es die Leute, selbst wenn sie sich mutig ins Wasser und die Wellen stürzen, nur wenige Momente aus, bevor sie wieder den Rückzug zum Strand antreten. Hier ist das Wasser also auch kalt.

Nachdem ich mich einen Moment ausgestreckt und entspannt habe, gehe ich weiter. Mir macht sie Sonne zu schaffen und auch die 3 Liter Wasser sind praktisch aufgebraucht. Mit weniger sollte ich morgen keinesfalls starten. Ich hoffe, ich komme ohne schattenspendenden Regenschirm aus - doch immerhin ist mir diese Option jetzt präsent.

Porto Covo wird mir immer sympathischer, denn nach wenigen hundert Metern verkauft ein Kiosk kühles Bier und Kaffee und bietet zudem schattige Sitzplätze mit ansprechender Musik. Also doch noch nicht zur Unterkunft.

Als ich die letzten Meter in Angriff nehme, bemerke ich, dass die Unterkunft nur einen Steinwurf entfernt war. Als ich ankomme, werde ich ziemlich salopp auf Deutsch begrüßt. Das Zimmer ist riesig und heute habe ich auch ein eigenes Bad.
Ich beschließe, sofort eine Runde durch den Ort zu drehen und Wasser und eine neue Dose Fisch für morgen zu kaufen, denn laut Führer hat der Supermarkt am Montag geschlossen. Im Führer steht ziemlich viel Mist. Und so kaufe ich ganz selbstverständlich am Sonntagabend ein.
Porto Covo besteht anders als Sines hauptsächlich aus schmucken weiß-blauen Häusern. Eine Altstadt entdecke ich gar nicht. Dafür jede Menge Touristen. Und als ich den Supermarkt besuche, staune ich nicht schlecht, denn gefühlt ist es hier deutlich teurer.
Auf dem Rückweg vom Supermarkt lacht mich bei einem Restaurant in der Fußgängerzone ein Schild mit Schnecken an und ich sehe, dass sie auch von Gästen gegessen werden. Von diesen „caracois“, auf die die Portugiesen ganz wild sind, hatte ich gelesen und entscheide spontan, diese jetzt sofort zu essen. Ungeduscht und ohne den Preis zu kennen. Ein Fehler?

Nachdem ich fertig bin, bin ich im Gegensatz zu den etwa hundert kleinen Tierchen überhaupt nicht aus dem Häuschen. Die Begeisterung für sie kann ich null nachvollziehen. Der dargereichte Toast, den man in den würzigen Sud tunken kann, war das Leckerste und das einzig Sättigende. In Kombination mit einem großen Bier zahle ich 15 €. Absoluter Nepp ist das sicher nicht, auch wenn ich inzwischen bemerkt habe, dass das Restaurant bei Google nur 2,5 Sterne hat. Gestern war ich für einen ähnlichen Preis allerdings deutlich besser bedient.

Es war ein langer, anstrengender, sonniger und erlebnisreicher Tag. Jetzt wird noch etwas geduscht, gewaschen und dann geht’s ab in die Falle. Schön ist's.

Länge Auf Ab
22.8 km 123 Hm 145 Hm


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Tag 02 - Von Porto Covo nach Vila Nova de Milfontes

Porto Covo, 15.04.2024

Ich genieße die nächtliche Ruhe und die frische Meeresluft und schlafe mit offenem Fenster ganz hervorragend. Lautes Gekreische weckt mich, doch kann ich es den Möwen verdenken, sich über den neuen Tag zu freuen? Als dann auch noch die Müllabfuhr durch die Straße rumpelt, beschließe ich, dass es Zeit ist, aufzustehen.
Montagmorgen - und ich springe voll Tatendrang um kurz nach 7 Uhr aus dem Bett!
Als mich bald darauf (zeitverschiebungsbedingt) mein Handy an den ersten Teams-Call erinnert, zögere ich nicht lange - und schalte die Benachrichtigungsfunktion aus.

Im Café bestelle ich mir wie gewohnt einen Galāo und einen Käsetoast. Dieser ist so riesig, dass die Hälfte mit auf die Wanderung kommt. Zum Glück habe ich eine Tupper-Dose und als ich versuche, die großen Toast-Dreiecke passend in der rechteckigen Dose zu platzieren, fühle ich mich an meine Kindheit erinnert. Tangram. Analog, herausfordernd und spannend.
Die nostalgischen Gefühle spüle ich mit einem weiteren Kaffee herunter, lasse mich kurz vom Fernseher mit dramatisch-traurigen Trompetenklängen und Schwarzweiß-Bildern von 1974 mit Trauerkranz irritieren, verstehe zum Glück nichts (und am 15. April ist es noch etwas früh für 40 Jahre Nelkenrevolution), begebe mich in die lichte Herrlichkeit des Tages und wandere los.

Es geht steil hinunter zum Hafen und auf der anderen Seite steil wieder hinauf. Oben angekommen, genieße ich den Blick zurück auf Porto Covo und in meiner Richtung kann ich schon die kleine, vorgelagerte Insel „Ilha do Pessegueiro“ sehen. War ich auf der gestrigen Etappe noch alleine, ist heute das Gegenteil der Fall. Hier ist es halt auch atemberaubend schön.

Immer wieder schneidet sich das Meer ins Land hinein und bildet tolle Buchten, bzw. bilden sich durch landseitig einfließendes Wasser Barrancos, die manchmal durchquert werden müssen, wobei sich der Auf- und Abstieg stellenweise überraschend anspruchsvoll darstellt. Für mich ist es nicht wirklich fordernd, denn ich war auch schon mal in den Bergen unterwegs, doch hier hätte ich es nicht erwartet. Beim ersten Abstieg bekomme ich schon mit, wie mich die mir folgende Gruppe beobachtet und dann versucht, die Stelle zu umgehen. Fast jede dieser Buchten erscheint mir badenswert, doch dann käme ich ja gar nicht voran.

Bald schon führt der Weg direkt am Strand entlang und direkt an der Wasserlinie läuft es sich sogar ganz angenehm - solange man die Wellen im Auge behält, sogar trockenen Fußes. Der Strand ist bilderbuchhaft – feinsandig, sauber, ohne vorgelagerte Felsen und fast menschenleer. Hätte ich nicht noch 16 km vor mir, würde ich bestimmt baden gehen.

Beim Fort von Pessegueiro (bzw. „Fort Nossa Senhora da Queimada“) mache ich im Schatten des Restaurants ein Päuschen, genieße die Aussicht und trage eine weitere Schicht der altersgerechten Sonnencreme (50+) auf. Das Geplapper der anderen Wanderer, zum Glück nicht nur Deutsche, blende ich weitestgehend aus.

Bald darauf befinde ich mich etwas versetzt zum Meer auf einem tiefsandigen Weg. Die Vögel singen, niemand ist weit und breit zu sehen oder zu hören, in der Ferne höre ich das Rauschen des Meeres und ein leichtes Lüftchen streicht über meine Haut. Hier entdecke ich die für mich passende Langsamkeit und meine innere Ruhe. Alles ist, wie es ist. Wunderbar. Einfach wunderbar.

Solche Momente kann ich nur alleine erleben und mit der Einsamkeit ist es vorbei, als ich wieder direkt an der Küste ankomme, denn die meisten Wanderer scheinen den (gesperrten) Weg über die Dünen genommen zu haben. Ich bereue den „Umweg“ gewiss nicht.

Nachdem ich eine Weile vor mich hingewandert bin, ziehen völlig überraschend innerhalb von Minuten von Süden kommende Wolken auf. Meer und Wolken vermischen sich zum Einheitsgrau und beim Blick zurück sehe ich, dass ich auch in diese Richtung nichts mehr sehe. Der Spuk hält 10 Minuten an und dann ist alles vorbei, als ob nichts gewesen wäre. Ein merkwürdiges Erlebnis.

Kurz nach Mittag verlasse ich die markierte Route und wandere sogar ein Stück zurück nach Norden. Nicht weil ich völlig verrückt geworden bin, sondern weil ich bei der gestrigen Durchsicht der heutigen Strecke auf Google den Hinweis auf den „Praia naturista do Malhão“ gefunden habe. Diese Information in einem Wanderführer zu erwarten, wäre vermutlich übertrieben und ich freue mich darauf, diesen etwas abgelegenen Strandabschnitt zu besuchen, an dem man sich nicht nur nahtlos bräunen lassen kann, sondern sich vor allem beim Wellenbad völlig frei fühlt. Das Wasser ist bestimmt nicht wärmer als gestern und bereitet doch so viel mehr Spaß. Während ich trockne, verspeise ich meinen Tangram-Toast und eine Dose Fisch. Wie gut es mir doch geht!

Im weiteren Verlauf darf ich am Strand über eine Steinbarriere kraxeln, die zwei Buchten trennt, bevor es nicht mehr weitergeht und ich mich wieder auf die Klippen hinauf begebe. Die Blumenpracht hier oben begeistert mich ungemein.
Nur wenige Wegabschnitte auf den Klippen sind felsig, meist wandere ich im tiefen Sand und da das Vorwärtskommen beschwerlich und langsam vonstattengeht, habe ich viel Zeit, die traumhafte Aussicht zu genießen.

5 km vor dem Tagesziel erreiche ich den Strand „Angra da Cerva“. Der Fischerpfad führt oberhalb der Bucht entlang und der Abstieg nach unten ist steil. In der ganzen Bucht sind nur etwa fünf Leute, die Wellen brechen hoch und schlagen auf den feinsandigen Strand. Obwohl ich schon ziemlich geschafft bin, steige ich den schmalen, rutschigen Pfad hinab und erkläre die linke, unbesiedelte Strandseite zum Naturbadestrand. Dafür, dass die nachfolgenden Menschen, die irgendwie alle auf „meine“ Strandseite kommen, dies nicht beachten, kann ich ja nichts. (Wer mich kennt, weiß, dass ich mich immer sofort nach dem Baden abtrockne und wieder anziehe). Ich vergnüge mich so lange mit den starken, traumhaft brechenden Wellen, bis ich anfange, richtig zu bibbern und auch im Wasser Gänsehaut habe. Ich würde gerne noch drinbleiben, denn es bereitet mir unglaublichen Spaß, doch ich weiß, dass ich jetzt raus muss. Ein dünnes Rinnsal Süßwasser spritzt lustig die Felswand hinab – ideal, um das Gesicht und die Hände vom Salzwasser zu befreien und auch die Füße ziemlich sandfrei einzusocken.
Erfrischt und glücklich steige ich wieder zum Fischerpfad hinauf und wundere mich, wie die Autorin des Wanderführers von hier aus bereits die ersten Häuser von Villa Nova de Milfontes sehen kann, denn ich kann es jetzt und auch noch eine ganze Weile lang nicht.

Auf der Terrasse eines schönen Restaurants oberhalb eines kleinen Hafens gönne ich mir den letzten Galāo des Tages. Dieser ist wirklich lecker und kostet trotz der gehobenen Lokalität nur 1,50 €. Ich kann das gar nicht fassen.

Der Ort Villa Nova de Milfontes liegt an der breiten Mündung des Flusses Mira. Auch hier gibt es einen Strand, an dem man toll baden können soll, doch mein Bedarf ist für heute gedeckt, weshalb ich direkt zum Hotel „Milfontes Beach“ gehe und dort überraschend freundlich eingecheckt werde. Da es schon 18 Uhr ist, beeile ich mich, um im kleinen Supermarkt noch Wasser, Bier und eine neue Dose Fisch für morgen zu besorgen, bevor er schließt.
Da Sonnencreme nötiger als erwartet ist und meine nicht nur seltsam riecht - sie ist zwar noch nicht 50+, doch auch schon älter als erlaubt - gönne ich mir eine große Flasche eines Markenprodukts aus dem Hause Garnier und strapaziere das Urlaubsbudget, doch über zu viel Sonne will ich sicher nicht klagen

Clevererweise denke ich daran, den Sand in meinen Schuhen außerhalb des Hotels auszuschütten. Für eine richtige Sandburg ist es zu wenig, doch für auf dem Zimmerboden viel zu viel. Danach wasche ich Wäsche und mühe mich ab, sie möglichst frei hängend und gut belüftet im Zimmer zu platzieren. Das war auch schon einfacher.

Da ich keine Lust habe, im Hotel zu essen, gehe ich den Ort und lande in einem Restaurant, in das sich wohl kein Einheimischer verirrt. Hier ist man nicht nur sprachlich auf die internationalen Gäste eingestimmt. Den durchaus leckeren Quinoa-Burger hätte ich so und zu dem Preis auch in Frankfurt haben können. Wirklich herausragend ist der Nachtisch: Käse mit Marmelade.

Fazit: Eine lange, sandige, anstrengende Etappe mit Aussichten und Bade-Erlebnissen, die in Erinnerung bleiben. Gemeinsam mit meinem ganz persönlichen Moment der Ruhe und Zufriedenheit.
Ein Tag, für den ich besonders dankbar bin.

Länge Auf Ab
22.6 km 230 Hm 237 Hm


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Tag 03 - Von Vila Nova de Milfontes nach Almograve

Vila Nova de Milfontes, 16.04.2024

Schon gleich nach dem Duschen gestern Abend habe ich sie gesehen, und sie und ihre Freundinnen haben mich einen guten Teil der Nacht wachgehalten, diese blutsaugenden Plagegeister, bis sie heute früh entweder gesättigt oder erschlagen Ruhe gaben. Wozu sind Stechmücken überhaupt nütze?

Weil ich merke, wie wichtig erholsame Nachtruhe ist, ändere ich kurzerhand meine für morgen geplante Übernachtung im Vierbettzimmer auf eine viermal so teure Ferienwohnung, denn das ist mir jetzt wichtig.

Nachdem ich mich mühsam im Bad des 4-Sterne-Hotels (nach Landesbewertung) rasiert habe, gehe ich frühstücken.
Zum Glück ist noch nicht viel los, doch bald schon treffen mehr und mehr Gäste und sogar eine kleine Wandergruppe ein. Es dauert nicht lange, bis ich bemerke: Ich mag keine Menschen - und im Rudel schon gar nicht. Wäre ich ausgeschlafener, hätte es bis zu dieser Erkenntnis länger gedauert. Vermutlich 5 Minuten.

Jetzt besuche ich nochmal mein Bad. Der Waschtisch ist so dicht an die Toilette gebaut, dass ich mich freue, immerhin schräg Platz nehmen zu können. Mit dem Rücken darf ich gleichzeitig den Toilettendeckel festhalten, denn der Sanitär-Experte war der Meinung, dass es reicht, wenn man ihn 85 Grad öffnen kann, bevor er an den Spülkasten schlägt. Bequem geht anders.
Ja - ich bin in Portugal, aber eben in Portugal und das Zimmer kostet regulär dreistellig. Und zwar Euros - nicht Escudos.
Na ja - so schlecht war’s auch nicht und das Frühstück war wirklich gut. Bevor ich mich jetzt aufrege, freue ich mich lieber über die Aussicht, das prima Wetter und dass es mir gut geht, und wandere los.

Es ist schon fast 10 Uhr, als ich durch das Städtchen schlendere. Das ist nicht schlimm, denn die heutige Etappe ist kurz. Mit einer Bootsfahrt über den Fluss ließe sie sich sogar um weitere 4 km verkürzen, was ganz offensichtlich von vielen Wanderern genutzt wird. Ich muss nicht einmal drüber nachdenken.
Ich bin froh darüber, dass ich den längeren Weg gehe, denn so lerne ich die Gegend kennen, in der die echten Menschen des 5660 Einwohner zählenden Städtchens leben und einkaufen, wobei dieser Stadtrand im Gegensatz zu gestern weniger heruntergekommen ist und sich hier sogar einige Villen befinden.

Auf der 1976 erbauten Straßenbrücke genieße ich die Aussicht und überquere den Rio Mira. Kaum darf ich danach von der Hauptstraße abbiegen, befinde ich mich auf einem Pfad, der mich entlang eines Feldes durch eine bunt blühende Landschaft führt.
Es wird trockener, sandiger und buschiger. Der Weg wird nun von Korkeichen gesäumt. Blühender Ginster und Zistrosen setzen neben zufrieden durch die Luft flatternden Zitronenfaltern bunte Farbeffekte. Das - und die Ruhe - tun meiner Seele gut.

Vorbei an verfallenden und teils kunstvoll bemalten Gebäuden erreiche ich wenig später die Stelle, zu der ich mit dem Boot hätte übersetzen können - direkt gegenüber meines Hotels.

Ein Sträßchen führt mich bergauf und danach darf ich auf einem einfach zu begehenden Feldweg zwischen bunten Feldern wandern, bevor ich nach ein paar Kilometern das Meer nicht nur hören, sondern auch sehen kann. Heute ist es kühler als gestern und der ständige Wind sorgt dafür, dass es mir mit kurzen Hemdsärmeln fast zu kalt ist. Ein krasser Unterschied zu gestern und für mich das perfekte Wanderwetter.

Ganz besonders sind die jetzt folgenden längeren Passagen durch Akazienwälder. Wie durch einen Tunnel, der manchmal mehr oder weniger gut frei geschnitten ist, bewege ich mich vorwärts. Körpergröße ist hier nicht unbedingt von Vorteil und meine aus dem Rucksack hervorragenden Wanderstöcke verhaken sich ganz hervorragend mit den Ästen.
Ein längeres Wegstück laufe ich mehrmals. Nicht weil so toll ist, sondern weil plötzlich meine Sonnenbrille weg ist, die ich bei den wechselnden Lichtverhältnissen oben auf meinen Hut gesetzt hatte und die mir vermutlich von dem hinterhältigen Gesträuch heruntergerissen wurde.
Von außen betrachtet war das keine so gute Idee. Ich habe riesiges Glück und finde die Brille wieder - obwohl ich eigentlich schon aufgegeben habe und schon wieder in der "richtigen" Richtung unterwegs bin. Sie liegt übrigens an einer Stelle weit außerhalb des Gestrüpps. Auch wenn sie vielleicht nicht die tollste Brille aller Zeiten ist, leistet sie mir gute Dienste und ich freue mich jedenfalls sehr.

3 km vor Almograve kann man von einem Aussichtspunkt an den langen Strand „Brejo Largo“ über Treppen hinuntersteigen und das mache ich selbstverständlich auch. Ich wende mich nach rechts und gehe ein kleines Stück, denn ich weiß mich nun in einem Abschnitt, in dem sich vermutlich niemand aufhält, denn in dieser Richtung ist Sackgasse.
Jetzt gehe ich baden, bzw. mit den Wellen spielen. Nicht weil es so heiß ist, eher im Gegenteil, sondern weil es einfach ein Jammer wäre, mir diese tolle Gelegenheit entgehen zu lassen. Danach schlendere ich noch ein Weilchen über den menschenleeren Strand und lasse mich trocknen, bevor ich das letzte Stück Weg in Angriff nehme. Dazu wandere ich unten am Strand entlang und hoffe weiter südlich einen Aufstieg durch die Steilküste zum Fischerpfad hinauf zu finden. Der Führer gibt dazu leider, leider keine wirklich brauchbaren Hinweise und meint nur, bei passendem Wasserstand könne man ein Stück den Strand entlang wandern. Das finde ich nicht hilfreich, denn dass es nicht geht, wenn das Wasser bis zu den Klippen steht, hätte ich auch ohne Erwähnung gewusst. Betrachte ich das dort liegende Treibgut, scheint dies regelmäßig bei Flut der Fall zu sein. Nach ein paar hundert Metern komme ich an eine Stelle, an der ein ziemlich desolat wirkendes Tau den Aufstieg ermöglichen soll. Gibt es später noch einmal eine Möglichkeit?
Ich gehe weiter, komme nach 10 Minuten an ein paar Felsen, die einfach überstiegen werden können und bin auf einem Strandabschnitt, den es auf meiner Karte gar nicht mehr gibt. Merkwürdig. Wer brüchiges Schiefergestein im dritten Grad beklettern möchte, kann sich hier austoben. Ich sehe noch ein paar Felsbarrieren, die sicher einfach zu überklettern sind und dahinter weitere Strandabschnitte, doch da ich die Gezeiten nicht gegoogelt habe, und eher das Gefühl habe, dass das Wasser zu- als abnimmt, und ich mich ungern in einem Strandabschnitt davon einschließen lassen möchte, drehe ich wieder um und gehe den ganzen schönen langen Strand bis zum Tau zurück. Außer mir ist an dem ewig langen Strand kein Mensch zu sehen. An der Stelle mit dem Tau kraxle ich hinauf und bin nach kurzer Schlammschlacht oben. Dieser Blick – wow!

Die letzten Kilometer nach Almograve verlaufen anstrengend im tiefen Sand an der Küstenlinie, sodass ich auch von hier oben betrachtet feststellen kann, alles richtig gemacht zu haben, denn es gibt keinen weiteren Aufstieg.

Um 17:30 Uhr komme ich an der Jugendherberge an, um gesagt zu bekommen, dass die Zimmer frühestens ab 18 Uhr fertig sind. So kann ich also noch das Dorf begutachten, was eine überschaubare Aufgabe darstellt, da alle Restaurants und Mini-Markets im Umkreis von maximal 200 m liegen. Überall sitzen Wanderer und vermutlich ist der Fischerpfad eine der großen Einnahmequellen des Ortes.

Ich setze mich vor ein Lokal und trinke ein Bierchen. Nachdem sie sich etwas zieren, setzen sich zwei deutsche Frauen zu mir an den Tisch. Ob es daran liegt, dass ich so nett aussehe, oder weil sonst kein Platz mehr frei ist?
Ich esse eine Kleinigkeit, die ich schon bestellt hatte, und während sie auf ihren wirklich gut aussehenden Fisch warten, tauschen wir uns über unsere Erlebnisse und Pläne auf dem Fischerpfad und ein paar andere Wanderungen aus. Ganz interessant. Ich bin gespannt, ob wir uns die nächsten Tage erneut über den Weg laufen.

Danach checke ich in der Jugendherberge ein, kaufen mir nur noch schnell Bier, Wasser und ein paar Tomaten, denn ich habe Lust auf etwas Frisches und mir Tomaten in meine Tupperdose zu schnippeln, bekomme ich gerade noch hin.
Jetzt noch schnell duschen, waschen, den Bericht schreiben und dann ab in die Heia. Ich bin müde und zufrieden - heute war ein guter Tag.

Länge Auf Ab
19.6 km 187 Hm 177 Hm


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Tag 04 - Von Almograve nach Zambujeira do Mar

Almograve, 17.04.2024

Ich habe trotz des passablen Betts schlecht geschlafen. Ständig war mir entweder zu kalt oder viel zu warm und ich bemerke ein Kratzen im Hals, das dort nicht hingehört.
Das Frühstück ist so, wie ich es in einer Jugendherberge erwartet habe, lediglich der Kaffee, der aus einem Automaten kommt, ist unterirdisch. Vielleicht ist der Automat auch einfach kaputt.
Ich erfreue mich nochmal meines geräumigen Bads (mit Duschkabine), das zwar nicht hübsch und an der Decke ziemlich schimmlig, doch funktional ist.
Wie es sein kann, dass das gestern Abend gewaschene Hemd und Unterhemd trocken sind, sich die direkt daneben hängende, schnelltrocknende Unterhose hingegen noch genauso nass anfühlt wie gestern Abend, wird mir für immer ein Rätsel bleiben.

Es ist kurz nach neun, als ich, heute mal mit Pulli, durch das Dorf schlendere. Von ein paar verstreuten Wanderern abgesehen, ist niemand zu sehen.
Mich der hier wild wachsenden Strelitzien erfreuend, wandere ich auf einem schmalen Pfad, vorbei an der Kläranlage, zum Strand. Gras und Gebüsch sind noch überraschend feucht vom nächtlichen Tau. Obwohl dies der offizielle Weg ist, ist er ziemlich verwachsen und scheint selten begangen zu werden, vermutlich, weil es eine Abkürzung durch den Ort gibt.
Am Strand wende ich mich nach links und nach kurzem Aufstieg stehe ich oben auf der Küste, genieße den Ausblick, an dem ich mich nicht satt sehen kann und wandere mit meinem dank der Einkehrmöglichkeit zur Mittagszeit super leichten Rucksack durch den tiefen Sand nach Süden.
Als die Abkürzung aus dem Dorf einmündet, wechselt die Wegführung auf eine unbefestigte Straße, auf der es sich hervorragend wandern lässt. Ab hier kommt leider Wandertag-Feeling auf, denn plötzlich ist der Weg voll mit Wandernden.

Bald schon geht es durch tiefen Sand weiter. Und der Ausblick! Der Fischerpfad ist echt was für die Augen - nicht unbedingt was für sie Füße.
Nach 2 Stunden erreiche ich ein Wäldchen und kann mich endlich setzen, um den Sand aus Schuhen und Socken zu entfernen. Ich ziehe jetzt doch meine Gamaschen über, auch wenn ich daran zweifle, dass sie viel nützen, da sie für ein besonderes Schuhsystem gemacht sind und an meinen Schuhen nicht richtig befestigt werden können. Mehr als im Rucksack nutzen sie mir jedoch auf jeden Fall.
Als ich einige Zeit später wieder an der Küste stehe - mit strahlend blauem Himmel über mir - bin ich so dankbar, hier und jetzt diese fantastische Zeit verbringen zu dürfen.

Schlag zwölf komme ich im kleinen Örtchen Cavaleiro an, wo ich Wasser kaufe und in einem Café etwas trinke und ein schwach belegtes Brötchen esse. Dabei treffe ich auf ein paar bekannte Gesichter und kann mich ein bisschen unterhalten. Verschiedene Wanderkonzepte treffen hier aufeinander. Einerseits zwei Frauen, die eine Woche Fischerpfad mit Gepäcktransport pauschal gebucht haben, ich, der den kompletten Weg im Voraus selbst organisiert hat und schon jede Unterkunft und jeden Transport bestmöglich vorgebucht hat und der Wanderer aus Berlin, der alles kurzfristig bis maximal zum nächsten Tag in die Zukunft bucht und nicht einmal einen Rückflug hat. Schön ist, wenn jeder mit dem, was er tut, zufrieden ist.

Seit dem Mittagessen wandere ich nun auf Feldwegen mit prima Ausblick und bin wieder ganz für mich alleine. Die Büsche und Gräser verströmen in der strahlenden Sonne ein herrlich angenehmes Aroma.

5 km vor dem Tagesziel liegt tief unter mir der fantastische Strand Praia do Tunel. Kein Mensch ist unten und am Strand sehe ich nur einige wenige Fußspuren. Als ich den Abstieg entdecke, wird mir klar, warum. Dennoch will ich es versuchen, meistere, das dünne, marode Seil ignorierend, die erste felsige Kletterstelle mit halbwegs gutem Gefühl, bevor mich vor der nächsten, sandigen, ausgesetzten Stelle der Mut verlässt. Beziehungsweise die Vernunft Oberhand gewinnt. Hier möchte ich nicht abstürzen. Wenn es sein müsste, käme ich ganz bestimmt nach unten. Ganz bestimmt, aber nicht ganz sicher. So verlockend es ist, so unvernünftig ist es auch – zumal ich alleine bin. Also drehe ich um, kraxle spielend wieder nach oben und wandere unerfrischt weiter. Dann muss ich wohl doch am angeblich nur 60 m von meinem Apartment entfernten Strand baden gehen.

Wenige Kilometer vor Zambujeira do Mar gelange ich an ein kleines Restaurant, vor dem der Wanderer vom Mittagessen sitzt, sodass ich mir spontan auch einen Kaffee gönne und wir danach gemeinsam, größtenteils parallel zur Straße, zum Tagesziel wandern.

Das AirBnB, in das ich um 17 Uhr einchecke, ist wunderschön gestaltet und komfortabel, und die Begrüßung sehr herzlich. Der Strand ist wirklich nicht mehr als 60 m entfernt und man kann direkt über Treppen zu ihm hinuntergehen. Das mache ich auch gleich, denn die starke Brandung möchte ich mir nicht entgehen lassen. Für Surfer muss das ein Traum sein. Als Badender muss man allerdings sehr weit ins Meer hineinlaufen, da sich nach etwa 200 m nochmal eine große Sandbank befindet und das Wasser dort im Moment gerade mal knöcheltief ist. Diese Sandablagerung muss meiner Meinung nach mit Querströmungen in dieser Bucht zu tun haben. Außer mir ist nur noch 1 Surfer hinter dieser Sandbank und die anrollenden Wellen haben viel Kraft. Gerne würde ich noch zum Punkt, an dem sie brechen, doch das ist mir zu weit draußen.

In meinem Appartement mache ich große Wäsche und nutze Balkon und Wäscheständer, wobei ich erst ziemlich spät realisiere, dass der Balkon nicht nur vom geschlossenen Fenster gegenüber, sondern auch von der von oben kommenden Straße aus einsehbar ist. Es hätte sich also angeboten, etwas überzuziehen. Nun denn - jetzt gehe ich jedenfalls zum Abendessen in den Ort. Richtig viel Hunger habe ich nicht und so lasse ich das von der Vermieterin empfohlene und mir zu vornehm erscheinende Restaurant links liegen und esse eine Kleinigkeit in einem Imbiss, der von einem der vielen Asiaten, vermutlich Nepalesen, betrieben wird. Ich habe heute gelernt, dass diese in großer Zahl in den Beeren-Plantagen arbeiten und nach 7 Jahren die portugiesische Staatsbürgerschaft bekommen können. (Einfach mal „Himbeervisum“ googeln).

Danach genieße ich den Sonnenuntergang von einer Bank oberhalb des Strands. Welch ein wunderbarer Ausklang des Tages!

Länge Auf Ab
25.2 km 185 Hm 184 Hm


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Tag 05 - Von Zambujeira do Mar nach Odeceixe

Zambujeira do Mar, 18.04.2024

Das Appartement ist einfach klasse und das Bett war himmlisch bequem. Irgendwann habe ich sogar gemerkt, dass es zwar keinen Vorhang gibt, der vor dem nächtlichen Licht der Straßenlaterne schützt, aber Außenläden - und habe gleich nochmal besser weitergeschlafen. Nur das Kratzen im Hals, das mich immer noch begleitet, gefällt mir nicht so gut.

Auch wenn ich manchmal etwas tollpatschig erscheinen mag, habe ich gestern Abend doch noch dran gedacht, die frisch gewaschene Wäsche mitsamt Ständer in die Wohnung zu holen, denn als ich diesen heute Morgen nach draußen stelle, ist dort alles pitschnass. Meine Wäsche hingegen ist bis auf den Bund meiner Wanderhose perfekt trocken, und dort helfe ich ein bisschen mit dem Föhn nach.

Die Vermieterin hat mir gestern eine Obstschale mit Orangen, zwei Brötchen, Butter und ein Glas Marmelade und Kaffee dagelassen. So kann ich den Tag entspannt angehen lassen und im „Schlafanzug“ frühstücken. „Kleinigkeiten“, die einen riesigen Unterschied machen.
Hier gefällt es mir so gut, dass ich vielleicht tatsächlich mal wiederkomme. Mit 250 MBit Internet vielleicht tatsächlich mal zum Arbeiten und Baden?

Um 10 Uhr breche ich bei angenehm kühlen 18° und bedecktem Himmel auf, treffe auf dem Weg zur Apotheke meine Berliner Wanderbekanntschaft, die hier spontan eine zweite Nacht dranhängt und erwerbe ein Spray gegen Halsschmerzen. Bin mal gespannt, wie gut das wirkt.

Hinter dem Strand beginnt der Weg durch die Dünenlandschaft. Es ist echt wunderschön hier, doch dieser tiefe Sand macht mich trotz des bedeckten Himmels schon morgens fertig!
Da auch heute die 500 Höhenmeter irgendwie zustande kommen müssen, führt der Weg nun felsig zum Strand von Carvalhal hinab, bevor es auf der anderen Seite wieder hinaufgeht. Durch Zistrosen, Riesenfenchel und mir unbekannter, bunt blühender Botanik dem inzwischen blauen Himmel entgegenzuwandern - gibt es Schöneres?

Zur Mittagszeit passiere ich erneut zwei Strände unbeschreiblicher Schönheit, zu denen ich sogar hinunter gelangte, doch mir ist im Moment nicht nach Baden.

Bemerkenswert finde ich, dass neben Deutschen auch eine Vielzahl an Franzosen, Briten und vor allem Italiener unterwegs sind.

Nach einem schönen, felsig steilen Ab- und Aufstieg durch die nächste Bucht, wo ich natürlich auf eine zwölfköpfige italienische Wandergruppe auflaufen muss, gelange ich zur Villa der Fado-Legend Amália Rodriguez - natürlich mit Privatbucht. Das Anwesen wird jetzt von ihrer Stiftung touristisch als Bed & Breakfast vermarktet. Die Nacht in der Luxus-Suite mit Meerblick ist für unter 200 € durchaus erschwinglich und ganz bestimmt ein besonderes Erlebnis. Gleich mal vormerken?

Es ist schon nach 13 Uhr und mir hängt der Magen in den Kniekehlen, denn sehr üppig war das Frühstück nicht. Hinter jeder Biegung erhoffe ich mir den Ort, an dem ich Mittagspause machen möchte, doch der Weg zieht und zieht sich. Endlich erreiche ich das ärmlich wirkende Dorf mit dem angeblich guten Fischrestaurant direkt oberhalb des kleinen Hafens. Das Lokal ist sehr gut besucht. Hier bekomme ich glücklicherweise mal wieder ein alkoholfreies Bier und darf mir einen der toten Fische, die in einer Kiste an den Tisch gebracht werden, aussuchen, der dann für mich auf dem Grill zubereitet wird. Es kostet mich zwar etwas Überwindung, mal wieder etwas zu bestellen, was mich dann vom Teller aus traurig anschaut, doch hier möchte ich es wieder mal versuchen.

Die Seebrasse (sea bream) ist jedenfalls halbiert gegrillt und mir gefällt gut, dass Gemüse, Kartoffeln und Salat separat serviert werden. Mal wieder einen ganzen Fisch zu essen war ganz nett und er hat mir wirklich gut geschmeckt, doch so bald werde ich das nicht wiederholen.

Das letzte Wegstück bis zum Tagesziel beginnt mit einem knackig felsigen Aufstieg, und dann geht es weiter im tiefen Sand. So langsam kann ich keinen Sand mehr sehen. Auf den vorgelagerten Felsen nisten nun hin und wieder Störche, die dort in der ungestörten Sicherheit ihre Nester gebaut haben.

Was auf dem Weg wirklich zu kurz kommt, sind Möglichkeiten, um bequem Pause zu machen. Überall ist der Boden entweder zugewachsen, sandig oder scharfkantig. Von Sitzbänken oder gar Sinnesbänken kann man hier nur träumen. Auf einer Klippe finde ich glücklicherweise ein paar Quadratmeter harten, glatten Boden, lege mich halb auf meinen Rucksack, decke mich mit meinem Handtuch zu, um mindestens etwas Schatten zu haben, lausche dem Rauschen der Wellen und schlummere kurz darauf sanft hinweg. Als ich wieder aufwache, bin ich trotz der nur 20° schweißgebadet. Und erholt. Jetzt ist es nicht mehr weit bis nach Odeceixe und ich freue mich auf die vom Wanderführer versprochenen 4 km Fahrstraße zu dem etwas im Landesinneren liegenden Ort. Nach so viel Sand endlich bequem gehen! Es ist vor 17 Uhr und nun kann ich endlich Geschwindigkeit aufnehmen und „fliege“ mit knapp 6 km/h fast dahin. Die Dusche ruft!

Das Appartement liegt zentral und hat eine Waschmaschine. Damit wären alle positiven Eigenschaften aufgezählt. Während sich also das 14-Minuten-Programm mit meinen Klamotten beschäftigt, dusche ich in einer winzigen Dusche im kleinen Bad und versuche zeitgleich, den muffigen Geruch aus der Wohnung zu lüften. Das Bett scheint ganz okay zu sein, aber auf die Möbel mit betagtem Kunstlederbezug oder die Couch mit fleckigem Überwurf setze ich mich, wenn’s geht, lieber nicht. Da schaudert's mich schon beim Angucken.
Und dann gehe ich zum Abendessen in eines der 4 Restaurants im Zentrum - 20 Meter entfernt. Da es bald recht frisch sein wird und alle Plätze draußen belegt sind, setze ich mich in eine Pizzeria und genieße einen richtig guten Salat, sowie eine schmackhafte vegetarische Pizza. Ein tolles Leben!

Fazit: Auch heute war's schön - bin gespannt, wie's weitergeht.

Länge Auf Ab
23.2 km 264 Hm 288 Hm


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Tag 06 - Von Odeceixe nach Aljezur

Odeceixe, 19.04.2024

Das Haus war super hellhörig und dennoch habe ich eine erholsame Nacht verbracht. Eigentlich könnte das Appartement richtig schön sein, wären da nicht die abgewohnten, alten Möbel und vor allem der seltsame, unangenehm muffige Geruch, der den Küchenmöbeln zu entströmen scheint. Und dunkelbraune, raue Handtücher sind irgendwie auch nicht so ganz mein Ding.
Am zentralen Platz in Odeceixe ist ein Café bereits geöffnet und serviert Frühstück, was ich sehr genieße. Währenddessen unterhalte ich mich mit zwei mir inzwischen bekannten Wanderinnen, die hier ihre Wanderung beenden und heute in Odeceixe ihren Ruhetag verbringen. Ihre Begeisterung darüber hält sich verständlicherweise in Grenzen. Nachdem ich mitbekomme, was Reiseveranstalter so zusammenbuchen, bin ich darin bestärkt, solche Wanderungen auch weiterhin selbst zu organisieren. Dann bin ich zumindest selbst verantwortlich, wenn etwas nicht passt, oder mir eine Unterkunft nicht gefällt.

Deutlich nach 10 Uhr ziehe ich los und unter grauem Himmel folge ich der Straße zum Strand an der Flussmündung. Zum Glück geht es bergauf, sodass ich schon bald den Pulli ausziehen kann. Am Strand befinden sich schon einige Surfer in den Wellen, auch wenn das Wetter weniger strahlend ist, doch das Wasser ist ja genauso warm wie sonst. Oder kalt. Zum Glück gibt es Neopren.

In Odeceixe habe ich übrigens die Region Alenteijo Litoral verlassen und befinde mich nun bis zum Ende der Wanderung in der Region Algarve.
Nachdem ich bis hierher auf der Fahrstraße gegangen bin, darf ich jetzt wieder auf einem sandigen Pfad hoch über dem Meer den Klippen entlang wandern und genieße es sehr.

Nach einiger Zeit ist es so weit, vom Meer Abschied zu nehmen, denn ich verlasse jetzt die Küste in Richtung meines im Landesinneren liegenden Tagesziels Aljezur.

Da der Weg einfach zu begehen ist und ich nicht an jeder einzelnen der schönen Watsonia (Schwertlilie) am Wegesrand stehen bleiben muss, um sie zu fotografieren, erreiche ich das Restaurant in Rogil schon gegen 14 Uhr. Mangels Rastplätzen bin ich bis hierher pausenlos durchgelaufen und merke, wie gut es tut, mich einen Moment hinzusetzen.

Ich kehre im Restaurant ein und als ich die riesigen Garnelen sehe, die an den Nachbartisch getragen werden, ärgere ich mich über meine Essenswahl. Nicht weil es vegetarisch ist, sondern weil es einfach nicht gut gemacht ist. Das Stück Kuchen, das mich versöhnlich stimmen soll, ist auch nur „na ja“.

Die restlichen 8 km nach Aljezur sollen eintönig sein und der Wanderführer empfiehlt tatsächlich, diese in 10 Minuten mit dem Bus zurückzulegen. Sonderbar.

Obwohl an der Hauptstraße in Reichweite - zumindest meiner Reichweite - reife Mandarinen hängen, kaufe ich mir eine ganz offiziell im Supermarkt. Sie schmeckt vorzüglich und versöhnt mich.
Gleich neben dem Supermarkt habe ich auch ein Schild gesehen, das mich darauf aufmerksam macht, dass ich hier auf dem E9 wandere. Dies wird bis zum Kap São Vicente bei Sagres, welches Europas Südwestspitze darstellt, noch häufiger der Fall sein. Der E9 ist zwar noch nicht vollständig ausgebaut, führt jedoch entlang der Küste des Atlantiks, sowie der Nord- und Ostsee nach Estland und ist mir zwischen Hamburg/Lübeck bei meiner E1-Wanderung auch schon unabsichtlich unter die Füße gekommen. Starte ich hier gerade ungeplant ein neues Wanderprojekt? Mir gefällt es hier nämlich richtig gut und es muss ja nicht gleich der ganze Weg bis Estland sein, ein paar tausend Kilometer durch Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Niederlande und Deutschland wären ja schon ein guter Anfang …
Bei meinem Verdauungsspaziergang nach Aljezur kann ich ja ein bisschen darüber nachdenken.
Bemerkenswert finde ich übrigens, dass auf den Kuhweiden, neben denen ich jetzt entlang marschiere, die Kälbchen noch bei ihren Müttern stehen. Und den als eintönig beschriebenen Weg empfinde ich als schöne, beruhigende Abwechslung und genieße die weitläufige Landschaft. So können sich Geschmäcker unterscheiden.

Aljezur besteht seit dem Erdbeben von 1755 aus zwei Teilen. Dem alten, auf dem Hügel liegenden Teil und dem damals neuen, im Tal befindlichen Stadtteil, der gegründet wurde, um die Bevölkerung bis zum Wiederaufbau umzusiedeln. Heute ist der neue Teil deutlich größer und auch wesentlich bequemer zu erreichen.
Da ich noch nicht völlig K.O. bin, gönne ich mir sogar noch den optionalen Anstieg zum alten Kastell, welches ganz oben auf dem Hügel thront. Von hier habe ich eine hervorragende Rundumsicht und im steilen Abstieg gibt es die Altstadtführung quasi als Bonus dazu.

Da mein Magen immer stärker rebelliert, checke ich ganz schnell in das Hostel ein und beziehe mein Zimmer. Dieses ist für 4 Personen geeignet - 2 im Stockbett und 2 im Doppelbett mit getrennten Matratzen. Alles für mich alleine - inklusive WC und Dusche mit Blick über Aljezur.
Im riesigen Supermarkt im neuen Stadtteil kaufe ich eine Art Vollkornzwieback, Bananen, ein Stück Hartkäse, Bier, Cola und Wasser. Mein Magen darf nachher entscheiden, was und wie viel davon er haben möchte. Den Abend verbringe ich mit meinem Buch im Zimmer und bin damit ganz zufrieden.

Länge Auf Ab
25.7 km 269 Hm 250 Hm


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Tag 07 - Von Aljezur nach Praia da Arrifana

Aljezur, 20.04.2024

Die Sonne scheint durchs Fenster, mein Magen scheint sich beruhigt zu haben und die Halsschmerzen sind auch verschwunden. Und erholsam geschlafen habe ich auch - was liegt also näher, als mich über den Tag zu freuen?
Der Vorteil an der Übernachtung in einem Hostel ist, während des Frühstücks, welches für alle Gäste an einem Tisch eingedeckt ist, zur Abwechslung auch mal jüngere Menschen kennenzulernen.
Danach statte ich der direkt unterhalb des Hostels liegenden kleinen Markthalle einen Besuch ab und erfreue mich des liebevoll hergerichteten Obsts und Gemüses und nehme auch den recht großen Fischbereich wahr.

Da die angeblichen Königstappen des Fischerpfads hinter mir liegen, wandere ich nun völlig alleine durch die hügelige Stille. Es ist so wunderschön. Obwohl teils dunkle Wolken am Himmel hängen, wird der ursprünglich für heute andauernde Regen so nicht stattfinden. Auch schön.

Wie schon die letzten Tage komme ich nicht umhin, mich der am Wegesrand blühenden Botanik zu erfreuen. Alleine, wie viele Nuancen gelber Farbe die Natur hervorbringt! Und das rosa-pink-violett erst!

Am Praia de Amoreira stoße ich an einem wunderschönen Strand wieder auf den Atlantik und kröne die Wiedersehensfreude mit einem Galāo auf der Terrasse des kleinen, dort liegenden Restaurants.
Ein wunderschöner Pfad führt mich danach entlang der Klippen. Und auch wenn der Wanderführer noch so oft behauptet, es seien Fischer, so sind es doch Angler, die hier auf den Klippen stehend ihre Rute auswerfen. Falls der Weg nach diesen Menschen benannt wurde und nicht danach, dass er Fischerdörfer verbindet, müsste er konsequenterweise Anglerpfad heißen, doch weder die portugiesische noch die englische Sprache scheint diesen Unterschied zu machen. (PT: pescador / EN: fisherman). Und am Ende ist es auch wurscht. Oder Fisch. Jedenfalls ist es schön hier.

Am nächsten Strand bei Monte Clerigo ist neben vielen Surfern auch eine Badende im Wasser und ich bin wirklich versucht, es ihr gleichzutun, bevor ich mich doch entscheide, heute noch einmal einen badefreien Tag einzulegen. Es ist einfach zu kühl und windig, und ich möchte mich bestimmt nicht erkälten.

Nach einer kleinen Stärkung darf ich jetzt wieder den Klippen entlang wandern, um nach einiger Zeit zur historischen Stätte „Ribat de Arifana“ zu gelangen. Für einen Archäologie-Banausen sind dies allerdings nur ein paar eingezäunten maurische
Mauerreste auf einer beeindruckenden, ins Meer ragenden Landzunge. Angesichts dunkler Wolken und des kühlen Windes gehe ich, ohne länger zu verweilen, weiter in Richtung meines Tagesziels.

Zügigen Schritts wandere ich voran, während sich am Himmel immer dunklere Wolken zusammenbrauen. Ich erreiche den Ort Praia da Arifana, der eindeutig von Wassersportlern dominiert wird. Da es noch nicht regnet, wandere ich noch schnell bis zur Festung am äußersten Zipfel der Landzunge. Von der Festung sind nur ein paar Mauerreste übrig, und wenn ich nicht schon den siebten Tag infolge direkt an den Klippen wandern würde, wäre der Ausblick von hier noch atemberaubender. Auch daran kann man sich offensichtlich gewöhnen. Noch gewöhnen darf man sich im eher exklusiven Restaurant „O Paolo“ an verschwitzte Wanderer. Und während die anderen Gäste mit Hummer, Muscheln und riesigen Fischplatten kämpfen, genieße ich „nur“ ein Stückchen Kuchen auf der Terrasse.

Als ich in meinem Hostel ankomme, bin ich begeistert, denn nicht nur habe ich durch das riesige Panoramafenster einen traumhaften Ausblick aufs Meer, sondern auch eine Wäscheleine im Badezimmer. Davon könnte sich manches gute Hotel eine Scheibe abschneiden.
Ich merke, dass heute schon der siebte Wandertag ist und eigentlich wäre ich bereit für einen Ruhetag. Da ich bei der Planung nach deutschen Aspekten keinen Ruhetag am Sonntag machen wollte, weil alle Geschäfte geschlossen sind, darf ich morgen noch wandern und erst am Montag Ruhetag machen. Sinn ergibt das hier in Portugal keinen, doch ist das jetzt nicht mehr zu ändern.
Ach, heute war ein schöner Tag und ich bin ganz schön kaputt. Heute mache ich sicher nicht mehr viel.

Länge Auf Ab
22.7 km 342 Hm 276 Hm


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Tag 08 - Von Praia da Arrifana nach Carrapateira

Praia da Arrifana, 21.04.2024

Nach dem schmackhaften Rote-Beete-Burger mit Blick auf den Sonnenuntergang wäre Sex on the beach sicher eine gute Fortsetzung gewesen. Doch nach den zwei großen Bier (happy hour) bin ich schon so knülle, dass ich das lieber lasse. Und Wodka-basierte Cocktails sind auch gar nicht so mein Ding. Verlockend klang es trotzdem und im Restaurant/Bar der Jugendherberge ist einiges los. Später begegnet mir dort noch die mir inzwischen bekannte Wanderin aus Freiburg und wir unterhalten uns angenehm.
Nicht so angenehm ist die Nacht, denn auch hier gibt es sehr aufdringliche Mücken, die mich nicht schlafen lassen wollen

Lange, sehr lange kämpft die Motivation gegen die Müdigkeit und selbst als ich um 10 Uhr nach ausgiebigem Frühstück bei allerschönstem Wetter los wandere, bin ich immer noch hundemüde.

Nach Verlassen des Orts wechsle ich auf eine breite, rote Sandpiste, die auch als Radweg dient und wunderbar zügig und kräfteschonend begehbar ist. Völlig gefahrlos kann ich dabei den Blick durch die Hügellandschaft schweifen lassen und werde langsam richtig wach.

Als ich am Praia do Tunel die Küste erreiche, legt sich gerade eine Wolke darüber. Nach meinen Erfahrungen am zweiten Tag habe ich die Hoffnung, dass sich diese auch ganz schnell wieder verziehen könnte. Trotz der Wolke am Himmel wandere ich schweißtreibend und steil auf der anderen Seite bergauf. Auf meiner sandigen Piste neben einem Pinienwäldchen gibt es heute nicht nur einige Eidechsen, sondern auch immer wieder mehrere Zentimeter große, längliche, schwarze Käfer. Vermutlich sind das Ölkäfer (Meloe). Der Verzehr dieser gar nicht mal so kleinen Tierchen erscheint mir zwar wenig reizvoll, dennoch ist es gut zu wissen, dass dieser – je nach Art – nicht nur für den Käfer, sondern auch für mich tödlich enden würde. Dann warte ich mit dem
Mittags-Snack eben doch bis zum vermutlich nicht mehr ganz so weit entfernten Restaurant.
Vorher treffe ich auf eine kleine Kuhherde, die vom Kleinlaster aus angetrieben wird. Mit einigem Respekt, nicht nur wegen der spitzen Hörner, und den Tieren gut zuredend, überhole ich sie.

Auf halber Strecke erreiche ich ein Restaurant und mache Pause. Wenig später trifft die sympathische Wanderin von gestern ein und wir essen zusammen Mittag und gehen am Nachmittag gemeinsam bis zum Strand bei Carrapateira. So gerne ich alleine in Ruhe wandere, so schön ist es, zur Abwechslung ein nettes Gespräch führen zu können.

Am traumhaften, fast menschenleeren und unglaublich langen Strand nehmen wir ein Bad. Die Wellen sind heute viel niedriger als noch vor ein paar Tagen, und doch ist es wunderschön. Am Strand gibt es riesige schwarze, glatte Felsen, auf denen man sich hervorragend trocknen lassen oder zumindest seine Klamotten sandfrei lagern kann.
Kurz vor Carrapateira trennen sich unsere Wege und während ich entspannt direkt zu meiner gebuchten Unterkunft gehe, darf sie noch versuchen, ein Bett für heute Nacht zu finden. Ich wünsche ihr viel Glück dabei und wünschte manchmal, ich könnte so gelassen sein.

Das Casa Da Estela ist sehr besonders. Eine unglaublich herzliche, alte Frau vermietet die Zimmer und als Erstes gibt es (optional) ein Gläschen Portwein zur Begrüßung. Obwohl sie nur Portugiesisch spricht und ich nur „Danke“ und „Käsetoast“ auf Portugiesisch sagen kann, funktioniert es irgendwie. Ich kann sogar meine Wäsche bei ihr abgeben, die sie dann wäscht und vor meinem Balkon aufhängt. Glaube ich zumindest.
Das Zimmer ist geräumig, das Bett scheint bequem und ich hoffe, hier einen erholsamen Ruhetag verbringen zu können. Das wird mir sicher guttun.

Nach dem Duschen gehe ich noch in den Ort, erfahre dort, dass ich mich mit der Wanderin treffen kann. Sie hat glücklicherweise ein Zimmer bekommen und so können wir gemeinsam lecker zu Abend essen und uns weiter unterhalten. Wir werden daher um 21:30 als letzte Gäste aus dem Restaurant hinausgekehrt.
Im Ort herrscht schon fast Nacht. Ein paar Hunde werden noch spazieren geführt und ein Streit um einen Parkplatz eskaliert erst lautstark und dann handgreiflich. Das braucht kein Mensch.

Morgen ist Ruhetag.

Länge Auf Ab
20.8 km 253 Hm 326 Hm


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Ruhetag in Carrapateira

Carrapateira, 22.04.2024

Es gibt vieles, was ich richtig gut kann, und einiges davon habe ich schon als Kind gelernt. Nichts zu tun, gehört nicht dazu.

Nach dem Aufstehen frühstücke ich lange auf meinem kleinen Balkon. Bei meinem Zimmer ist alles mit dabei, angefangen beim Kaffee, Toast, einem Gläschen selbstgemachtem Joghurt, über ein Stück selbstgebackenen Kuchen, bis hin zu diversen (gekauften) Marmeladen und Aufstrichen im Kühlschrank. Grandios! Auch wenn ich mich immer noch schwertue, solche Geschenke anzunehmen.

Es ist schon fast Mittag, als ich dem kleinen Supermarkt des Orts einen Besuch abstatte und dann in Richtung des angeblich sehr schönen Strands (Praia do Amano) schlendere, an dem ich sonst erst morgen Vormittag vorbeikomme.

Bei einigen historischen Resten einer islamischen Siedlung genieße ich den Ausblick auf das ruhige, wellenlose, türkisblaue Meer und den Strand. So ruhig habe ich den Atlantik selten gesehen, und daher beschließe ich, nicht zum Strand, sondern über die Klippen in Richtung des Kaps von Carrapateira zu gehen. Die verschiedenen Arten, in denen die Klippen aufgebaut sind - mal klar in waagerechten Schichten, dann wieder eher porös, wie ein großer Schwamm - unbeschreiblich. Ich habe keine Ahnung von Geologie und muss die Formationen zum Glück auch nicht analysieren - es darf mir einfach nur gefallen.

Auf einer Aussichtsplattform steht tatsächlich eine Bank - und ich setze mich die längste Zeit dorthin, genieße den Ausblick und lasse mir den Wind um die Nase wehen. Die Sonne scheint heftig, doch aufgrund des Winds ist es dennoch kühl.
Irgendwann packt es mich und ich gehe doch zum Strand von gestern und freue mich, zu sehen, dass dort die Wellen etwas höher sind und ich genieße es, auch heute wieder im Atlantik baden zu können. Wer weiß, ob ich noch einmal die Gelegenheit dazu habe.

Nach einem kleinen Einkauf, einer Dusche und etwas „Chillen“ auf dem Balkon gehe ich am Abend noch auf eine Kleinigkeit in die Bar. Dort kommt man auch sehr gut mit Englisch durch, denn die ausgesprochen aufmerksamen und sympathischen Servicekräfte stammen alle aus Nepal.

Fazit: Ganz schön viel zu entscheiden, was man an so einem Ruhetag alles (nicht) machen möchte. Und sind 15’000 Schritte eigentlich erlaubt?
Morgen ist der Plan dann wieder klar.

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Tag 09 - Von Carrapateira nach Vila do Bispo

Carrapateira, 23.04.2024

Der gestrige Abend wurde noch etwas länger, denn nach dem Abendessen traf ich mich noch mit der Freiburger Wanderin, um gemeinsam auszutesten, ob der Portwein in der Bar der Einheimischen gut ist. Zum Glück schließt die Bar nicht wie das Restaurant schon um 21:30 Uhr, sodass es kurz vor Dienstag war, als wir herausgekehrt wurden. Unterhaltsam und lustig war's - der Port ist also gut.

Nachdem ich heute wieder auf meinem Balkon gefrühstückt habe, nehme ich den mir von gestern bekannten Weg zum Meer.
An der Strandbar gibt es wunderbare Schattenplätze und da ich schon 1/5 der Tagesetappe geschafft habe, muss ich unbedingt Pause machen und genießen. Dabei kann ich gut Surf- und SUP-Schülern am Strand zuschauen. Mit dem SUP Wellen zu reiten finde ich schon sehr speziell.

Ich spaziere den langen Strand entlang, steige an dessen Ende den Hügel hinauf, um kurz darauf steil zu einem kleinen, wenig besuchten Strand hinabzusteigen. Heute schon die zweite Möglichkeit, an der man eigentlich baden müsste, weil es so schön ist. Ich wandere dennoch weiter, denn ich habe mir einen noch kleineren, noch abgelegeneren Strand gegoogelt, der nur wenig abseits des Fischerpfads liegen soll und definitiv nur zu Fuß erreichbar ist. Dorthin sind es noch 3 km. Das sollte ich schaffen.

Heute ist die Sicht zur Abwechslung mal richtig klar, sodass ich nicht nur sehen kann, woher ich komme, sondern auch viele Kilometer die Küste entlang blicken kann. Ich kann mich einfach nicht satt sehen – so schön ist es.

Als ich an dem von mir ausgesuchten Strand ankomme, ist die Enttäuschung groß, denn der „Strand“ entpuppt sich als Ufer mit tennis- bis fußballgroßen, rundgeschliffenen Steinen. Weder möchte ich über diese ins Wasser steigen, noch mir diese von der Brandung gegen die Knöchel rollen lassen. „Rolling Stones“ in unangenehm. Dass an Land eine Sanddüne ist, hilft mir nicht weiter. Ich frage mich nur, wie die Bilder und Bewertungen auf Google Maps entstanden sind. Auch am nur wenige Meter daneben liegenden Nachbarstrand sieht es gleich aus. Immerhin gibt es hier genügend Felsen, auf denen ich Mittagspause machen kann, ohne einen sandigen Popo zu bekommen.

Weiter geht es durch die felsige Landschaft, die - blendet man das Meer aus und schaut bei der Botanik nicht so genau hin - auch in den Dolomiten sein könnte. Auf solche steinigen Pfaden bergauf zu wandern macht mir unglaublichen Spaß.

Unterwegs treffe ich auf eine Niederländerin, die ihren Schatten mit sich trägt (Schirm) und die meiste Zeit wild übernachtet. Heute wird sie durch Wasserarmut gezwungen, noch bis hinter Vila do Bispo zu gehen. Ihre Begeisterung darüber hält sich in Grenzen.
5 km vor dem Ort trennen sich unsere Wege, denn ich mache jetzt 2 km Abstecher zu einem Natur-Strand, den ich auf meiner Karte entdeckt habe. Es kann ja gar nicht angehen, dass ich heute nicht mehr ins Wasser komme. Ich bin so dankbar, dass es mir gut geht und ich dieses extra Stück Weg ganz einfach wegstecken sollte.

Ich erreiche das Ende der Straße. Das Meer ist da, der Sandstrand ist da und ich bin auch da. Sonst kein Mensch. Nur noch 110 m trennen uns. Yippieh!
Oder doch nicht? Denn es sind 110 Höhenmeter. Die Hälfte kann ich noch auf einer Art Pfad absteigen. Dann geht es nach rechts in eine Schlucht. Pfadspuren sind zu erkennen - oder doch nur Erosion? In einer Rinne weiter unten hängen Reste eines Seils, doch kein Weg, kein Nichts. Nach meinem Dafürhalten kann hier in jüngster Vergangenheit niemand heruntergegangen sein. Vielleicht gab es früher mal einen Weg, der einem Erdrutsch oder der Erosion zum Opfer gefallen ist. Die Küste ist hier ja in ständiger Bewegung.
Vielleicht bedeutet „praia naturista“ auch nur Naturstrand, aber nicht, dass man auch dorthin gelangt. Oder nur mit Boot? Jetzt bemerke ich auch, dass bei genauerer Betrachtung meiner Karte gar keinen Weg zum Strand hinab eingezeichnet war. Na ja - Immerhin habe ich nun eine Stelle Portugals gesehen, die mir sonst entgangen wäre.

Jetzt habe ich auf jeden Fall für heute die Nase voll von der Suche nach Badestellen und gehe den Weg zur Abzweigung zurück. Wenige Meter nach der Abzweigung biegt an einem Wegweiser der historische Weg zu einem Strand in 2 km ab. Das ist ja zum aus der Haut fahren!

Ich nehme das Schild als Zeichen und stiefele los. Es ist erst 15:30 Uhr, ich bin 14 km gewandert, der Ort ist 5 km von hier entfernt und ich habe gerade von meiner Unterkunft eine Nachricht erhalten, dass ich mir meinen Schlüssel per Code holen kann und daher nicht bis zu einer bestimmten Zeit eingecheckt sein muss. Letzter Anlauf!

Zum Strand von Barriga gelangt man auch mit dem Auto. Schon aus der Ferne wundere ich mich über die vielen Kleintransporter und Lastwagen in der Zufahrt. Dann ist der Weg mit Pylonen abgesperrt, von denen ich mich lieber nicht irritieren lasse. Ein paar Leute kommen mir mit Möbelkoffern und großen Taschen entgegen und mustern mich irritiert, sagen aber kein Wort.
Dicht an der Wasserlinie sehe ich dann ein etwa 30-köpfiges Team, das Filmaufnahmen zu machen scheint, und einen Esel. Sonst ist niemand da.
Ich wähle daher die andere Seite des Strands, ziehe sicherheitshalber eine Badehose an und werfe mich in die heftigen Wellen. Nach all den Irrungen und Anstrengungen habe ich mir das verdient.

Über breite, einfach zu gehende Feldwege geht es nun ins Landesinnere und am Schluss parallel entlang der Hauptstraße nach Vila do Bispo. Mittels Schlüsseltresor checke ich in mein riesiges Appartement mit insgesamt 5 Betten ein. Der Ort wirkt auf mich irgendwie abweisend, und außer einem Restaurant am Platz neben der Kirche sehe ich nichts, was geöffnet wäre. Zum Einkaufen gibt es nur LIDL und ALDI - keiner der sonst üblichen Mini-Markets. Nicht wirklich das, wonach mir der Sinn steht und alleine im wenig verlockend aussehenden Restaurant essen zu gehen, habe ich keine Lust. Die Freiburger Wanderin wohnt ein paar Kilometer außerhalb, also gehe ich erstmal zu ALDI, um Wasser zu kaufen und weiterzusehen.
Im Eingang dann die große Überraschung und Freude. Sie ist von ihrer Ranch in die Stadt gefahren worden und hätte jetzt Lust, etwas zu trinken. Und ich auch. Daraus ergibt sich dann ein schönes, gemeinsames Abendessen mit gutem Gespräch, was noch länger gedauert hätte, wenn sie nicht noch zurück zu ihrer Ranch hätte laufen müssen.
Also bringe sie schnell zum richtigen Weg am anderen Dorfende - und inzwischen ist es schon richtig kalt, windig und sehr dämmerig. Das wird ein schneller Heimweg werden.

Da ich jetzt eh wieder bei ALDI bin, kaufe ich noch schnell Wasser für die Nacht. Ich stecke immer noch in meinen Wanderklamotten und bin ungeduscht - und es ist mir egal. Daher kann ich jetzt auch noch einen Galāo trinken gehen.

Fazit: Ein schöner Tag voller Überraschungen.

Länge Auf Ab
23.6 km 546 Hm 483 Hm


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Tag 10 - Von Vila do Bispo nach Sagres

Vila do Bispo, 24.04.2024

Die Sonne scheint vom blauen Himmel. Ich gewöhne mich langsam an das traumhafte Wetter und gehe zu dem Restaurant um die Ecke, das ab 8 Uhr Frühstück anbietet.
Es ist 8:30 Uhr. Die Tür ist verschlossen und drinnen wird gewischt. Man bedeutet mir, ich solle mich noch gedulden. Bei dem Wetter ist das nicht ganz so schlimm.
Es ist etwa 9 Uhr, als ich dann einen Kaffee bestellen kann und etwas Rührei bekomme.
Danach gehe ich in mein Appartement, packe zusammen und schicke mich an, dieses ehemalige Bischofs-Dorf zu verlassen, welches außer ein paar Mühlen, einer Markthalle und dem bischöflichen Namen wenig zu bieten hat.

Vorbei an unzähligen Agaven wandere ich unter blauem Himmel durch die Landschaft. Agaven bilden diesen unglaublich hohen Blütenstand, der über 10 m hoch werden kann, und es ist nicht verwunderlich, dass dieser entfernt an Spargel erinnert, denn Agaven gehören der Familie der Spargelgewächse an.
Diese Weite, in der einfach nichts ist und in der es auch wenig zu sehen gibt, hilft mir, Augen und Geist zu entspannen.

Schon sehr früh kann ich heute mein Tagesziel Sagres vor mir liegen sehen und ebenso das Kap Sāo Vicente mit seinem Leuchtturm. Dieser ist einer der lichtstärksten Leuchttürme Europas und wurde zwar nicht explizit für Wanderer gebaut, hilft jedoch auch mir enorm bei der Orientierung. Das Kap ist der südwestlichste Zipfel Kontinentaleuropas.

Nach etlichen Kilometern auf breiten Wegen gelange ich an die Küste und darf nun auf schmalen Pfaden oberhalb des Meeres wandern. Nachdem ich den ganzen Tag alleine gewandert bin, treffe ich exakt an der Stelle auf Rike, meine Freiburger Wanderbekanntschaft, an der eine Schlucht steil zu einem Strand hinunterführt, in dem hohe Wellen von Surfern genutzt werden. So ein Zufall!
Man könnte in einem großen Bogen zu einem einfacheren Weg gelangen, doch durch die Schlucht ist es viel kürzer und spannender. Da wir jetzt zu zweit sind, gelingt uns der Abstieg, denn es ist immer gut, wenn man sich gegenseitig Tipps geben kann und vor allem nicht alleine ist.
Heil unten angekommen, stürze ich mich in die Brandung und genieße die heftigen Wellen. Danach mache ich mich schon recht bald wieder auf den Weg, während Rike weiter den Strand genießen wird.

Der Weg zum zieht sich ganz schön. Den Leuchtturm kann man nicht besichtigen, und der Zugang zu dem Gebäude ist auch gesperrt. Landschaftlich ist es natürlich super, doch ansonsten gibt es nichts her, wenn man von den Ständen, an denen man Ramsch und die letzte Bratwurst vor Amerika kaufen kann, absieht.
Hätte ich mal lieber eine Bratwurst genommen, denn was ich am Stand daneben bekomme, schmeckt so schlecht, dass ich es zum Teil wegwerfe. Das mache ich sonst wirklich nie. Es wäre so einfach gewesen, mir heute Morgen ein Brötchen mitzunehmen, doch ich habe mich auf die im Führer beschriebene Verpflegungsmöglichkeit verlassen.

Sagres hat angeblich nur 2000 Einwohner, wenngleich mir der stolz über den steilen Klippen thronende Ort viel größer vorkommt.
Der Weg dorthin verläuft für meinen Geschmack zu oft neben der Straße und ist überhaupt nicht schön zu gehen. Wenn ich nur die Schönheit der Wege beurteile, ist heute der bisher schwächste Tag.

Der Check-in in die Unterkunft funktioniert, nachdem ich anrufe und Bescheid sage, dass ich da bin - das Appartment-Haus ist etwas seltsam. Mein Bad hat diverse Mängel (Überflutung & zu enges WC), aber was soll ich jammern?
Ein Fuß tut weh und ich hoffe, dass das sich bis morgen wieder gibt. Seit dem Mittagessen ist mir ein bisschen flau - zum Glück habe ich nicht aufgegessen, vielleicht liegt es auch an zu viel Sonne - und ich besorge mir ein kleines Fläschchen Schnaps zum Desinfizieren. Ob Gin dafür geht? Falls er nicht hilft, schadet er zumindest nicht.

Nach dem Duschen gehe ich zum kleinen Spar und finde erst mal heraus, dass er morgen trotz Feiertag geöffnet hat. Ohne Google Translate wäre das schwerer geworden. Ich bin wirklich froh, wenn ich wieder zu Hause bin, denn gerade das Angebot an Obst und Gemüse finde ich mäßig.
Danach gehe ich, obwohl ich keine Wahnsinns-Lust habe, noch auszugehen, zu einem italienischen Restaurant und falle angesichts der Preise fast vom Stuhl. Pizza für 15 EUR (und mehr) ist schon Frankfurter Niveau. Vermutlich lebt man hier ausschließlich von Touris. Zum Italiener bin ich, da ich in den anderen Restaurants nur Fisch- oder Fleischgerichte gesehen hatte. Nix anderes. Da war man in Carrapateira schon weiter entwickelt.
Lecker ist's italienische Essen allemal.
Jetzt hoffe ich, dass ich mich bis morgen für die letzte lange Etappe wieder gut regeneriere.


Länge Auf Ab
24.1 km 167 Hm 231 Hm

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Tag 11 - Von Sagres nach Salema

Sagres, 25.04.2024 - Jahrestag der Nelkenrevolution

Heute Nacht musste ich das erste Mal eine zusätzliche Decke nehmen und habe zwar lange geschlafen, bin jedoch nicht erholt.
Spät, doch ohne Frühstück, ziehe ich los, kaufe im Supermarkt ein paar Karotten und Obst und fürchte schon, heute ohne Kaffee loswandern zu müssen, denn alle Restaurants sind geschlossen und eine typische einheimische Bar habe ich noch nicht gesehen. Kurz vor dem Strand finde ich doch noch eine und treffe dort auf die zwei älteren Irinnen, mit denen ich mich schon in Carrapateira unterhalten hatte. Für sie ist hier Ende – eine von ihnen hängt noch etwas Urlaub dran, die andere fliegt zurück und darf ab Montag wieder arbeiten. Sowas aber auch!

Heute ist der Himmel bedeckt und es ist extrem windig. Am Strand liegt viel Seetang. Zwei Windsurfer bemühen sich, doch sonst ist es viel, viel zu ungemütlich, um sich am Strand aufzuhalten. Selbst ich denke darüber nach, eine Jacke überzuziehen, weil der Wind so stark bläst. Die Böen sind so heftig, dass ich beim Fotografieren das iPhone gut mit zwei Händen festhalten muss, damit es nicht weggeweht wird.

Ich wandere entlang der steilen Küste und blicke auf das türkisblaue Wasser der Algarve, bevor sich der Weg abwendet und ich zwischen bunten Blumenwiesen weitergehe. Hier stellt sich mir der böige Wind frontal entgegen. Ganz schön kühl und anstrengend ist das.
Zur Halbzeit erreiche ich einen idealen Badestrand - super flach, sandig, mit türkisfarbenem Wasser. Ohne Wellen, dafür mit heftigem Wind. Mir ist das heute viel zu unangenehm, und auch hier ist kein Mensch im Wasser. Doch eine Pause mit Galāo geht immer. Im Nachhinein stelle ich fest, dass ich in der „falschen Bucht“ und einer Phantom-Bar bin, denn im Wanderführer taucht sie nicht auf.

Einen steilen Auf- und Abstieg später gelange ich in die nächste Bucht und treffe dort auf ein schönes Lokal, in dem ich eine leckere Suppe mit traumhaftem Ausblick bekomme. Windgeschützt ist es unbeschreiblich schön hier.

Leider sind hier auch andere Menschen, sodass das Entspannen schwerfällt. Stattdessen gibt es Comedy für umsonst. So meint doch die ältere deutsche Frau am Nachbartisch beim Verzehr ihrer Miesmuscheln: „In Deutschland ist da aber mehr drin …“. Fast hätte ich laut los geprustet und dabei meinen Kaffee über den ganzen Tisch gespuckt. (Das Innenleben der Muscheln war wirklich ganz normal groß).
Bin ich froh, dass ich in meinem Job nichts mit Touristen zu tun habe.

Weiter geht es und im Verlauf darf ich noch dreimal steil zu Stränden hinabsteigen, um auf der anderen Seite noch steiler wieder hinaufzusteigen. Heute ist das tatsächlich anspruchsvoller als die letzten Tage. (T3 würde ich behaupten).

In der nächsten Bucht - nur noch knapp 3 km vor Salema kann ich nicht anders. Hier nicht ins Wasser zu gehen, wäre schon fast ein Frevel. Es ist kaum was los, superklasse! Das Wasser ist phänomenal, und am Strand bläst der Wind den feinen Sand herum. Die Beine sind danach wie sandgestrahlt.

Nochmal ein bisschen auf und ab und schon wandere ich durch die Villengegend von Salema - denke ich zunächst. Doch dies sind keine einzelnen Villen, sondern Teil eines oder mehrerer großer Villen-Komplexe, die Resorts bilden. Außer dem südeuropäischen Baustil ist hier nichts typisch portugiesisch. Ein Blick in Google Maps offenbart, dass dieser Teil von Salema etwa viermal so groß ist, wie der alte Teil, neben den er geklatscht wurde.
Da ich natürlich in keinem „Golf & Spa Resort“ nächtige, darf ich ganz nach unten zur Unterschicht hinabsteigen. Echt krass.

Die Großmutter der Vermieterin wohnt ganz in der Nähe der Unterkunft und hat das große Los gezogen, mich einchecken zu dürfen, während die Enkelin arbeitet. (Oder es ist das Häuschen der Großmutter und die Enkelin kann Englisch und bedient die Buchungsplattform). Jedenfalls führt sie mich in mein kleines Häuschen, ganz im typischen Stil in den verwinkelten Gassen. Mit Händen, Füßen und ein bisschen Spanisch klappt die Verständigung.
Und obwohl man im Häuschen nirgends genau hinschauen darf, fühle ich mich dennoch gleich wohler als in dem Gästehaus letzte Nacht.

Da ich weiß, dass ich nach dem Duschen bestimmt nicht mehr weggehen und trotzdem gerne noch etwas Vernünftiges essen möchte, gehe ich sofort. Es ist ja auch schon bald 19 Uhr. Kein Wunder, denn inzwischen gehe ich ja morgens spät los und mache viele Pausen.

Die ersten Restaurants sehen eher hochpreisig aus und die darin befindlichen Leute wollen vom Aufzug her nicht recht zu mir passen. Außerdem gibt es dort auch wieder nur Fisch oder Fleisch. Dabei gibt es doch auch so typisch leckere portugiesische Eintöpfe, wie ich ihn in Villa do Bispo hatte, doch in den Touristen-Restaurants ist hier so etwas nicht zu finden.
Dann sehe ich ein indisches Restaurant, in dem ich willkommen zu sein scheine. Ich gönne mir ein paar Samosa und Dal Makhani und bin danach richtig selig. Es ist soooo lecker und fühlt sich gut an.

Ich bin dankbar, dass ich die heutige, anspruchsvolle Etappe geschafft habe, obwohl der eine Fuß sich nicht normal anfühlt. Für die beiden folgenden Halbtags-Etappen sollte das hoffentlich ausreichen.

Fazit: Hier ist es wunderschön, doch mir zu touristisch.

Länge Auf Ab
23.9 km 417 Hm 439 Hm


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Tag 12 - von Salema nach Luz

Salema, 26.04.2024

Heute ist der erste Tag, an dem es bedeckt ist und regnen wird. Das ist prima, denn ich blicke auf unglaubliche 11 trockene, sonnige und sogar badetaugliche Tage zurück.

Im Ort suche ich die einzige Pasteleria auf und setze mich unter eine Überdachung, um dort meinen Kaffee und ein süßes Teilchen zu frühstücken. Es dauert nicht lange und es beginnt (wieder) zu regnen.

Völlig unerwartet taucht plötzlich Rike (die Freiburger Wanderin) gemeinsam mit ihrer Freundin, bei der sie seit 2 Tagen in einem kleinen Dorf ganz in der Nähe wohnt, auf. Sie hatten was in Salema zu erledigen und wollten sich auch einen Kaffee gönnen. So haben wir erneut die Gelegenheit, uns auszutauschen und uns zum dritten Mal zu verabschieden.

Als der Regen aufhört, wandere ich an einigen hübsch erhaltenen alten Häuschen aus dem Ort hinaus. Es sind jetzt gerade noch 15° und damit ist es ziemlich frisch. Ein schöner Weg führt mich nach Burgau. Auch dort dominieren Ferienanlagen, doch der Fischerpfad führt mich durch verwinkelte Gassen ins alte Zentrum hinunter. Dort esse ich zu Mittag und während ich drinnen im Trockenen sitze, regnet es kurz und heftig, obwohl alle Wetter-Apps dies nicht anzeigen. Ich bin froh, dass ich diesem Niederschlag entgangen bin.

Nach meinen super leckeren vegetarischen Eggs Benedict (mit Bohnen statt Schinken) gehe ich gut gestärkt weiter. Heute faszinieren mich vor allem die bunten Blüten. Altbekannte Gattungen und welche, die ich noch nicht gesehen habe.

Gefiel mir in Salema und Burgau der Tourismus schon nicht, so setzt Luz noch einen drauf, denn hier wird auch die dritte Dimension genutzt. Hier sind es jetzt nicht nur Villen-Komplexe, sondern mehrgeschossige Apartment-Hochhäuser. Schlimmer geht immer, doch auch das ist mir schon viel zu viel.

Entlang der Strandpromenade wandere ich zu meiner Unterkunft und kann dabei schon den Anstieg für die morgige, letzte Etappe ausmachen. Trotz Strandpromenade sollte man sorgfältig auf den Weg achten, denn darauf liegt das ein oder andere Geschäft, in welches man nicht treten möchte. Mit dem Wegräumen der Hinterlassenschaften der Liebsten hat man es hier offensichtlich nicht so.

Mein heutiges Zimmer ist auch in einer solchen 2-stockigen Touristen-Anlage, die es nicht geben sollte. Schönes großes Zimmer mit nur leicht angeranzten Möbeln, Balkon, passablem Bad - und günstiger als das schimmlige Haus die letzte Nacht. Hmmm.

Ich wasche mal wieder meine Klamotten, ruhe mich aus und ziehe dann los.

Ich scheine der Einzige zu sein, der keine Daunenjacke oder zumindest Daunenweste über seinen Pulli zieht. Und ich verstehe die anderen Menschen - und friere vor mich hin. Ich lande wieder in einem indischen Restaurant. Regional typischeres Essen ist nicht drin.

Länge Auf Ab
14.7 km 284 Hm 279 Hm

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Tag 13 - Von Luz nach Lagos

Luz, 27.04.2024

Ob der Himmel über der Algarve weint, weil ich bald gehe? Jedenfalls regnet es, als ich mich aus der Kuhle meiner durchgelegenen Matratze wälze. Der gestern noch gut sichtbare Turm auf dem Hügel, zu dem ich gleich hochsteigen darf, ist nicht auszumachen.
Ich gehe zum Hotel-Frühstück mit etwa 40 anderen Gästen. Stille und Ruhe - getötet durch all die morgens schon nervigen Menschen. Wie ist das wohl erst in der Hochsaison?

Ich zögere meinen Abmarsch hinaus und als ich dann steil zum Turm wandere, ist es trocken und vom Himmel scheint die Sonne. Wind und Wolken gibt es genügend, doch ich möchte mich ganz bestimmt nicht beklagen.

Von hier oben habe ich einen klaren Blick die ganze Küste entlang und ich meine, das Kap St. Vincent (Cabo Sāo Vicente) und Sagres in der Ferne erkennen zu können.

Mit Lagos im Blick beginnt es urplötzlich zu regnen und so kann ich sogar noch meinen Schirm zum Einsatz bringen. Allerdings nicht für sehr lange.

Am Strand von Canvial treffe ich auf die Ausläufer von Lagos und wandere erst kurz durch ein Wohngebiet und dann auf Wegen und Holzstegen zum Leuchtturm auf dem kleinen Kap. Hier sind jetzt auch schon richtig viele Spaziergänger und Kinder, die an die frische Luft gezwungen werden, unterwegs. Zudem kann man hier über Treppen zum Wasser heruntersteigen und sich mit dem Boot zu den „Grotten“ fahren lassen.

Ich gebe mir Mühe, angesichts der ganzen Touristen keinen Koller zu bekommen und wandere das letzte Stück in die Stadt. Der Blick auf die hier ziemlich sandig aussehenden Felsformationen ist besonders sehenswert.

Ich erreiche den Rand der Stadt und am windgeschützten Strand unterhalb der Hotelburgen liegen sogar ein paar Menschen. Auf diese Atmosphäre habe ich überhaupt keine Lust und gehe direkt zum offiziellen Endpunkt des Fischerpfads, der sich natürlich im Hafen befindet. Der Weg dorthin führt entlang der über 1 km langen Hafeneinfahrt und vorbei an bestimmt 30-40 verschiedenen Anbietern der identisch aussehenden Touren zu den Grotten, Delfinen. Mal mit Kajak oder Schnorcheln oder Sonnenuntergang.
Davon will ich im Moment nichts wissen und merke mir lieber die historischen Gebäude und Stellen, die ich mir später noch anschauen möchte.

Im Hafen kurz vor meinem Ziel spricht mich eine sehr kommunikative Kalifornierin (Angel) an, woher ich denn käme …. Sie hat gerade den Camino von Porto nach Santiago gemacht und gönnt sich jetzt noch etwas Zeit in Lagos zum Abschluss. Und natürlich möchte sie noch ein Foto von mir für Facebook. Sowieso bemerke ich so unglaublich viele Leute, die richtig viel Aufwand betreiben, um sich an schönen Orten für „instagrammable“ Fotos in Szene zu setzen.

Schließlich erreiche ich das offizielle Ende des Fischerpfads an einer unspektakulären Wandertafel, weshalb die Skulptur nebendran für das Zielfoto herhalten muss. 
Offizielle 226,5 km liegen nun hinter mir - und viele schöne Momente, für die ich dankbar bin und dafür, dass ich heil und gesund hier angelangt bin.

Länge Auf Ab
13.3 km 213 Hm 218 Hm

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Heimreise / Empfehlungen / Fazit

Lagos, 28.04.2024

Nachdem ich gestern noch ein bisschen die riesige Stadt (25’000 EW) mit ihren vielen Touristen erkundet habe, fahre ich heute mit Bus nach Lissabon (ca. 4 Stunden), um abends nach Frankfurt weiterzufliegen. Die Maschine startet pünktlich, unterwegs gibt es einen unglaublichen Sonnenuntergang über den Wolken und dann hat mich Frankfurt nach gut 2 Wochen wieder. Der Urlaub ist zu Ende - morgen darf ich wieder arbeiten.


Was würde ich anders machen / Empfehlungen:
Sollte ich diese Reise mit dem jetzigen Wissen nochmal planen, würde ich es genau gleich angehen:
⁃ Gepäcktransport ist für mich überflüssig, denn der Rucksack war leicht genug. (7 kg ohne Wasser/Essen)
⁃ Die Busfahrt mit Rede Expressos kostet etwa 20 €. Die Busse sind sehr gut gepflegt und bequeme Reisebusse. Wenn man früh bucht, kann man Sitze mit Aussicht buchen. Diese sind leicht teurer. Ich hatte (daher?) das Glück, niemanden neben mir zu haben, obwohl der Bus sonst voll war. Die Verbindungen sind teilweise ausgebucht - spontanes Buchen kann schiefgehen. Pulli mitnehmen! (17° C).
⁃ Auf dem Flug habe ich meinen Rucksack eingecheckt und in einen Plastikbeutel zum Fliegen (10 €) gesteckt, damit keine Riemen abreißen oder er sonst stark beschädigt wird. Das würde ich wieder machen, auch wenn ich andere Leute mit ähnlich großen Rucksäcken als Handgepäck gesehen habe. Das kann gut gehen - korrekt ist es nicht.
⁃ Jahreszeit: ich fand April ideal. Nicht mehr kalt und noch nicht heiß. Außerdem blüht alles.
⁃ GPX: Ich war froh, dass ich den Track dabei hatte, doch vermutlich ist es nicht unbedingt nötig, denn der Weg ist überraschend gut markiert.
⁃ Geld: Ich habe mehr Bargeld benötigt als erwartet. Viele Kleinbeträge läppern sich. Eine Unterkunft wollte bar bezahlt werden und manchmal ist die Kartenzahlung „gerade defekt“. An einigen Orten (gerade an touristischen Orten gegen Ende der Wanderung) bin ich sicher, dass das Gründe sind, die nichts mit Technik, sondern eher mit der Steuer zu tun haben.
⁃ Kosten: Je touristischer die Gegend ist, desto mehr Unterkünfte gibt es und desto günstiger sind diese. Mit Essen/Trinken ist es extrem andersherum. Am Anfang des Wegs konnte ich mich unglaublich günstig verpflegen.
⁃ Vorbuchen der Unterkünfte: Ich habe 3 Monate vorher gebucht und da war schon einiges nicht (mehr?) verfügbar. Spontanes Buchen ist über die Buchungsplattformen immer nur eingeschränkter und/oder teurer möglich. Oft gab es dort nichts mehr. (Mich hat es interessiert, deshalb habe ich unterwegs immer mal geschaut.) Abtelefonieren oder vor Ort fragen kann zielführend sein, doch zumindest eine Wanderin, die ich getroffen habe, hatte nichts mehr gefunden und musste dann eine Doppeletappe einlegen. Ich möchte diese Unsicherheit nicht.
⁃ Der Start von Sines aus ist problemlos zu begehen und auch nicht zu lang. Er kann auch weggelassen werden, wenn man nicht den „ganzen Weg“ gehen möchte oder die Zeit knapp ist.
⁃ Wenn ich nur weniger Zeit hätte, würde ich mich auf das Stück von Porto Covo bis Carrapateira konzentrieren, um die tolle Küste, prima Strände und auch die Landschaft mit ihrer Botanik gesehen zu haben. Danach wiederholt es sich leicht verändert und touristischer, was mir nicht gefällt.

Fazit: In den 2 Wochen durfte ich eine sehr eindrucksvolle Landschaft und Botanik erwandern. Kontakt zur einheimischen Bevölkerung hatte ich kaum, was ich nicht anders erwartet hatte. Das Wetter war traumhaft - vermutlich ist das im April nicht garantiert. Ich kann diese Reise/Wanderung absolut empfehlen.

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