Marmelete, 27.04.2025

Die Nacht war nur mittelprächtig, doch lang und erholsam genug, um ausgeruht in den Tag zu starten. Während ich bisher in Bezug auf die Arbeit komplett abschalten konnte, trieben mich heute Nacht Gedanken dazu um – vielleicht, weil das Ende der Tour in Sicht kommt?
Der Hahn, der mir schon in den frühen Morgenstunden wiederholt seine Begeisterung über den nahenden Tagesbeginn freudig kundtat, hätte besser in der Nähe der Frau wohnen sollen, die für das Frühstück zuständig war und um 8 Uhr noch gänzlich unvorbereitet war, sich dafür aber tausend Mal für ihr Verschlafen entschuldigte.
Ich reagiere recht entspannt, doch es bringt meine Morgenroutine durcheinander, da ich nicht einfach später starten kann, sondern fix um 9 Uhr mit dem Taxi abgeholt werde.

Der gut Englisch sprechende Fahrer ist pünktlich da und fährt mich die paar Kilometer nach Marmelete. Wir tauschen auch die Koordinaten des Abhol-Treffpunkts aus, denn dieser ist außerhalb einer Ortschaft, und die Angabe „near a bridge after Corsino“ entpuppt sich als eine Wegkreuzung im Nirgendwo, bevor ich Corsino erreiche. Gänzlich unbedarft sollte man sich auf die Organisation meines lokalen Anbieters also nicht verlassen.
Ferner bitte ich um Abholung schon um 15 Uhr statt erst um 16 Uhr. Auch so ist mir schleierhaft, wie ich so langsam wandern soll.
Daher gönne ich mir im Café in Marmelete erst mal einen Galão, denn der Kaffee in der Unterkunft war gar nicht nach meinem Geschmack.

In dem kleinen Laden hole ich mir noch ein Wasser, gönne mir den Luxus, kein Chlorwasser trinken zu müssen, und treffe auf den Zelt-Wanderer, den ich vor ein paar Tagen schon mal getroffen hatte. Er hat noch Größeres vor, denn er möchte in Vila do Bispo nach Norden abbiegen und dort weiterwandern, und da er nun ein Rückfahrticket gebucht hat, muss er jeden Tag 30 km vorwärtskommen.
Ich bin froh, dass ich die abschließenden vier Etappen vor mir habe, möchte sie genießen und freue mich gleichzeitig darauf, heute in einer Woche hoffentlich wieder wohlbehalten zu Hause einzutreffen.

Kurz außerhalb des Ortes passt die Markierung nicht mehr zu meinem Track sowie der Beschreibung und Karte auf der offiziellen Webseite. Ich folge zunächst der Markierung, um an der nächsten unmarkierten Kreuzung umzudrehen und lieber meinem Track zu folgen. Ich bin begeistert, dass es zwölf Tage lang nicht zu solchen Situationen gekommen ist und der Weg hervorragend markiert war.

Entspannt wandere ich durch die mit Zistrosen und Erdbeerbäumen bewachsene Hügellandschaft. Am Horizont erblicke ich plötzlich den Atlantik und davor die riesenlange Sandstrandbucht bei Lagos. Ich verstehe nicht genau, wieso mich dieser Anblick so überwältigt – doch er tut es dennoch.

Wenig später holt mich der Wanderer ein, und ich beschleunige mein Tempo leicht, damit wir uns gut unterhalten können. So erfahre ich, dass er aus Dänemark kommt und im Sommerhalbjahr im Tourismus arbeitet und unter anderem Kreuzfahrtschiff-Gäste auf Ausflügen betreut – das Winterhalbjahr dagegen für Reisen und Wandern nutzt. Er ist Ende dreißig und wir finden viele weitere interessante Themen. Zwischendurch kehren wir auch in einer winzigen Bar ein, und ich lerne, wie jemand, der auf Menschen zugehen kann, damit umzugehen vermag.

Kurz vor meinem Abholpunkt bleibe ich an einer schattigen Stelle zurück, obwohl ich einerseits gerne weitergewandert wäre und andererseits die Unterhaltung als sehr angenehm empfinde. Doch wenn ich heute schon bis Bensafrim durchwandere – was mache ich dann morgen? Und so bleibe ich und lege mich in den Schatten.

Der Transfer in meine Unterkunft in Bensafrim klappt problemlos, und ich verschiebe dabei auch gleich die Abholzeit für morgen um eine halbe Stunde nach hinten, um stressfrei frühstücken zu können, denn morgen wird wieder ein sehr entspannter Wandertag.

Das Appartement, in dem ich nun zwei Nächte verbringe, ist riesig und für vier Personen ausgelegt. Zuerst einmal wasche ich den Staub aus meinen Klamotten und stelle mich danach unter die Dusche, um festzustellen, dass es gar kein warmes Wasser gibt. Ich stehe soeben vor der Entscheidung, dreckig in meine sauberen Sachen zu schlüpfen und jemanden zu finden, der das repariert, oder die Einladung für eine Erfrischung anzunehmen.
Es wird eine kurze Dusche, und danach bemerke ich am ehemals weißen Handtuch, dass sich Staub und Sonnencreme mit kaltem Wasser nicht besonders gut lösen. Ich fühle mich trotzdem sauber. Und definitiv erfrischt.
Schnell finde ich jemanden, der Englisch spricht und sich super sympathisch sofort kümmert. Tatsächlich hat man einfach vergessen, nach einer Wartungsarbeit am Durchlauferhitzer den Hahn zum Appartement aufzudrehen. Und ich weiß jetzt, wie es „hinter den Kulissen“ aussieht. Jedem Elektriker und Klempner würden sich vermutlich die Zehennägel aufstellen – mir ist es lieber egal.

Länge Auf Ab
15.1 km 92 Hm 376 Hm


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