Bensafrim, 26.04.2025

Auch nachdem der Strom wieder da ist und erste Berichte zumindest keine militärischen Ursachen vermuten lassen, kann ich kaum schlafen.
Am Morgen führt mich der erste Gang zum Wasserhahn, aus dem es nun wieder sprudelt.
Als die Vermieterin um 8 Uhr das Frühstück auf den Tisch stellt, als sei dies die normalste Sache der Welt und wieder geht, kann ich die Tränen nicht zurückhalten, so sehr haben mich meine Gedanken aus dem Gleichgewicht gebracht.

Ich funktioniere und werde weiter wandern, doch wie im Nachgang die Strom-Manager hoffentlich analysieren, wie es zu diesem länderübergreifenden Blackout kommen konnte, den es gar nicht hätte geben dürfen, werde ich mich im Nachgang damit beschäftigen dürfen, wieso mir so schnell die Zuversicht abhandenkommt und wie ich damit zukünftig umgehen möchte. Mehr möchte ich hier dazu nicht schreiben, doch ich habe meine Situation so wahrgenommen, dass ich in einem fremden Land bin – völlig auf mich alleine gestellt, in dem ich mich weder verständigen noch ohne Strom navigieren kann und für Wasser und Verpflegung 100 % extern abhängig bin – und keine Ahnung habe, was gerade abgeht.

Erst um 9:30 Uhr starte ich auf die heutige lange Etappe. Es ist windig, kühl und der Himmel zeigt sich als eine einzige große, dunkle Fläche. Ich nehme es als Geschenk, denn mit dieser Witterung sollte ich deutlich besser klarkommen als mit Hitze und brennender Sonne.

Erst auf breiten Wegen durch die Ebene, dann durch einen wunderschönen Korkeichenwald erreiche ich am späten Vormittag den Ort Barão de São João. Auf dem dahinter liegenden Hügel stehen acht Windräder und drehen sich trotz Wind nicht. Heute finde ich das beängstigend und schaue gleich nach, ob ich noch Mobilfunknetz habe – für mich unterwegs der einzige Indikator, ob es vielleicht schon wieder einen Blackout gibt. Uff – Entwarnung – ich habe Netz.

In dem Ort gibt es einen kleinen Laden und mehrere Cafés. Ich lasse mich schon im Ersten nieder, übersetze mir die rote, fette Laufschrift des obligaten Fernsehers, bei der es natürlich um den Stromausfall geht, überarbeite meinen Bericht von gestern und stelle ihn online. Eine gute Stunde und drei Galão später geht es mir deutlich besser und ich mache mich wieder auf den Weg. 23 km liegen noch vor mir, doch ich fühle mich ziemlich gut.

Ein paar Kilometer später kommt auch heute wieder eine Furt, die aufgrund des Wasserstands nicht einfach durchquert werden kann. Ich versuche es im dornigen Gestrüpp nebendran, doch keine Chance. Mit Einsatz der Stöcke und unter äußerster Vorsicht kann ich mich dann doch noch am Rand hindurchtasten, wobei das Wasser teilweise nur Millimeter entfernt ist, oben in den Schuh hereinzuschwappen. So langsam habe ich echt keine Lust mehr auf solche Durchquerungen. Zwei betonierte Trittsteine oder ein paar normale Steine wären alles, was es bräuchte, damit Wanderer problemlos hinübergehen könnten.

Inzwischen hat sich das Wetter so verändert, dass ich bei blauem Himmel mit großen Kumuluswolken und stetigem Wind bequem durch die Hügellandschaft wandern kann. Zistrosen auf bunten Blumenwiesen, dazwischen einzelne Korkeichen und Eukalyptusbäume, machen es zur reinsten Freude.

Etwa 10 km vor dem Tagesziel darf ich direkt unter (sich drehenden) Windrädern entlangwandern und als der Weg abknickt, kann ich sowohl den markanten Wasserturm von Vila do Bispo in der Nähe, wie auch den Leuchtturm am Kap Sankt Vincent in der Ferne ausmachen. Selbst mein morgiger Übernachtungsort Sagres direkt daneben winkt mir entgegen. Ein gutes Gefühl.

Weiter geht es nun überwiegend auf Teerstraßen, die das Vorankommen beschleunigen, doch nicht unbedingt freundlich zu den Füßen sind. An einem schlecht markierten Kreisverkehr nehme ich kurzfristig die falsche Ausfahrt, doch kann dies durch baldige Umkehr korrigieren. Gegen Ende zieht sich der Weg und schlägt noch einen unverständlichen Haken, doch das ist mir heute egal.

Ich erreiche die Stadt des Bischofs (Vila do Bispo), die ich schon auf dem Fischerpfad besuchen durfte und mit der ich angenehme Erinnerungen verbinde. Heute handelt es sich also um ein Wiedersehen.
Ich checke problemlos und freundlich in meine Unterkunft ein, bekomme eine Restaurantempfehlung und werde dann von der netten Rezeptionistin zu meinem drei Minuten entfernten Zimmer gebracht. Es befindet sich schräg gegenüber meinem Appartement von letztem Jahr und ist ein Vielfaches schöner. Richtig klasse!

Nachdem ich mir in der traumhaften Dusche den Staub und Schweiß des Tages abgewaschen habe, gehe ich in die Restaurantempfehlung. Hier hatte man mich letztes Jahr ohne Reservierung weggeschickt – heute habe ich mehr Glück. Ich esse einen traumhaft angemachten Salat und eine hervorragende vegetarische Pizza. Insgesamt ist man hier auf vegan/vegetarische Gerichte und Pizzen spezialisiert – und das nicht null-acht-fuffzehn, sondern unglaublich kreativ und raffiniert.
Da die Welt nun doch noch nicht untergegangen ist, gönne ich mir sogar den Spezial-Nachtisch des Tages.

Länge Auf Ab
30.4 km 485 Hm 435 Hm


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