Vila do Bispo, 30.04.2025
Die Nacht über und bis in die frühen Morgenstunden hat es geregnet. Die Natur kann es gut gebrauchen, doch als ich aufstehe, ist der Regen vorbei.
Ich begebe mich in das „Haupthaus“, in dem das Frühstück stattfindet. Dort ist Platz für 24 Personen, doch bisher sind nur knapp zwei Handvoll deutscher (mehrheitlich bayerischer) Wanderer dort. Ich wünschte mir, ich könnte sie gegen Portugiesen tauschen – denn in der Lautstärke gibt sich das wenig –, doch dann könnte ich den Blödsinn, den sie absondern, zwar hören, aber immerhin nicht verstehen.
Jedem Klischee folgend, kommen etwas später dann die Italiener. Es wird noch lauter, doch nun verstehe ich bei dem Geräuschpegel zumindest gar nichts mehr.
Als der Raum schließlich mit 20 kommunikativen Menschen und einer laut rumpelnden und zischenden Kaffeemaschine gefüllt ist, nehme ich wahr, wie wenig die Situation zu meiner Entspannung beiträgt. Ich überlege, möglichst bald zu gehen, doch glücklicherweise verlassen die laut schnatternden Early Birds den Raum bald darauf.
Diesen Urlaub scheint es nur Extreme zu geben: entweder völlig allein zu sein oder mit zu vielen Menschen drumherum.
Es ist nach 10 Uhr, als ich die Ortschaft in der gleichen Richtung, in der ich sie gestern betreten habe, verlasse und mich auf die letzte Etappe begebe. Das Ziel ist das gleiche wie auf dem Fischerpfad, doch der Weg ist ein anderer.
Eine knappe Stunde lang gehe ich jetzt gemeinsam mit einem jungen Mann aus Deutschland, der eine Wanderwoche entlang des Fischerpfads und der historischen Route verbringt und dessen Ziel Sagres ist – eine Unterhaltung, die echt gut tut.
Bald darauf wählt er einen anderen Weg nach Sagres, und ich wandere wieder alleine durch die fast ebene Landschaft, vorbei an etlichen großen, verlassenen landwirtschaftlichen Gebäuden. Für Lost-Place-Liebhaber bestimmt ein Traum.
Der Leuchtturm des Kap St. Vinzenz (Cabo de São Vicente) kommt näher und näher, und obwohl der Weg noch ein paar Haken schlägt, um nicht ständig an der Fahrstraße entlangzuführen, erreiche ich noch vor 14 Uhr das Ende der Via Algarviana und den südwestlichsten Zipfel Portugals. Apropos Zipfel: Hier gibt es immer noch die letzte Bratwurst vor Amerika, doch obwohl sie überraschenderweise tatsächlich lecker riecht, schlage ich das Angebot auch dieses Mal aus.
Als ich gerade ein Zielfoto am Klippenrand mache, komme ich mit einem sympathischen Deutschen ins Gespräch. Er ist ein paar Jahre älter als ich und hat mit seinem Arbeitgeber den Deal geschlossen, über vier Jahre 75 % des Gehalts zu bekommen und nun das vierte Jahr durch die Gegend zu reisen. Wir unterhalten uns fast eine halbe Stunde – ein sehr inspirierendes Gespräch.
Ich hätte die Möglichkeit, in gut zweieinhalb Stunden mit dem Bus nach Sagres zu fahren oder bei traumhaftem Wetter den Weg oberhalb der Steilküste zu Fuß zurückzulegen. Klar – das lange erste Stück verläuft auf der Straße, doch danach über schöne Pfade direkt oberhalb des Wassers. Keine schwierige Entscheidung.
Obwohl mitten auf dem Weg eine Wolke aufzieht und ein paar Tropfen absondert – und es viel zu kalt und windig ist, um am Praia do Bélice ins Wasser zu gehen –, kommt bei mir auf den letzten paar sandigen Kilometern noch mal richtiges Fischerpfad-Feeling auf, was ich sehr genieße. (Zur Frage, welcher Weg schöner war, schreibe ich noch separat).
Im Ort muss ich nur kurz suchen, bevor ich die angegebene Adresse finde. Eine alte, gebrechliche Frau führt mich langsam zu meinem großen AirBnB-Apartment mit zwei Schlafzimmern und Platz für bis zu sechs Personen. Sie verwendet einige Zeit darauf, mich in das Verriegeln der Haustür einzuweisen – was kein Fehler ist, denn das System ist etwas ungewöhnlich.
Die Grundausstattung der Wohnung besteht ausschließlich aus Salz und Tabasco. Mir ist das ziemlich egal, doch meist habe ich in der Vergangenheit ein paar Teebeutel, Kaffeefilter für die Kaffeemaschine und ein paar Tabs für die Spülmaschine vorgefunden – und mich gefreut.
Nach dem Shoppen mache ich noch einen Abstecher zum spektakulären Strand Praia de Mareta, an dem ich gerne noch baden würde. Anders als an der Nordsee, wo bei Ebbe das Meer komplett verschwindet, verschwindet hier bei Flut der Sandstrand komplett, und das Wasser schlägt direkt ans felsige Ufer. Nur in einem sehr kleinen Bereich bleiben wenige Meter, die von mutigen Surfern genutzt werden, um ins Wasser zu gelangen.
Da es windig-kühl ist und ich nur im Hemd unterwegs bin, muss ich nun erst meine Einkäufe in die Wohnung bringen und dann mit Pullover zum Abendessen starten. Heute verspüre ich keine Eile, zu duschen.
Ich esse in einem Restaurant, das nur wenige Meter von meiner Unterkunft entfernt ist und in dem ich um 19 Uhr der einzige Gast bin. Ich hoffe, das ist kein schlechtes Zeichen.
Als Vorspeise gibt es eine Brühe mit altem Brot, Koriander und viel frischem Knoblauch – nicht unbedingt flirtfreundlich, aber sehr lecker.
Danach ein Omelette – völlig in Ordnung, aber es reißt mich nicht vom Hocker.
Es folgt noch der obligate Galão zum Abschluss – und damit endet nun auch meine Berichterstattung zur Via Algarviana (GR13).
Fazit des Tages: Ich bin am Ziel angekommen – glücklich, es geschafft zu haben.

Länge | Auf | Ab |
---|---|---|
24.2 km | 149 Hm | 202 Hm |