Schweinsbühl, 03.05.2023

Da das Bett etwas kürzer war, als ich, bin ich unausgeschlafen. Beim Blick aus dem Fenster, durch das ich die Morgensonne und einen blauen Himmel sehe, verspüre ich  Tatendrang. Und Lust auf Frühstück.

Dieses ist ausgezeichnet und dabei unterhalte ich mich mit einer älteren, allein auf dem Diemelsteig wandernden Hessin. Mehr Gäste gibt es nicht. Ein großer Vorteil des allein unterwegs sein ist, sehr einfach mit anderen ins Gespräch zu kommen.

Um viertel nach neun Uhr verabschiede ich mich von Herrn Döbelt. Auch wenn das Bett etwas kurz, das Zimmer altmodisch  und renovierungsbedürftig war, war der Preis fair und vor allem habe ich mich hier sehr willkommen gefühlt. Und das ist viel wert.

Bei schönstem Wanderwetter, wenn auch ziemlich kühl, passiere ich eine Schafweide. Ich grüße den Schäfer, der in einiger Entfernung den Zaun ausbessert, und schon kommen mir zwei Hütehunde auf meiner Zaun-Seite (!) entgegengeschossen. Und die sehen nicht aus, als wollten sie spielen. Glücklicherweise wollen Sie gar nichts von mir und patrouillieren nur entlang des Zauns und passen auf, dass ich keine Schafe auffresse. Mache ich nicht – versprochen!

Schritt für Schritt verlasse ich das hessische Upland und wandere bei schönstem Wetter nach Adorf, wo ich die Diemel ein vorletztes Mal überqueren werde.

An einer wunderschönen Kneippanlage lasse ich mich zu einem Arm-Bad verleiten. Das soll den Kreislauf in Schwung bringen. Auf jeden Fall aber macht es kalte, nasse Arme. Überraschenderweise sind sie nach 5 Minuten tatsächlich wärmer als zuvor.

Im Dorf Benkhausen habe ich endlich mal wieder Mobilfunkempfang und kann mich in der Unterkunft heute Abend avisieren. Man hatte darum gebeten, weil heute Ruhetag ist.

Ich erfreue mich an den grünen Wiesen, übersät mit gelbem Löwenzahn und den vereinzelten, weiß blühenden Apfelbäumen. Das ist Frühling. Das tut gut.

Vor Adorf mache ich auf einer tollen Bank in der Sonne Pause. Ein Reh springt über die Wiese und sieht mich verdutzt an. Eine Frau mit jungem Hund spricht mich ob meines großen Rucksacks an. Eine solche Wanderung hätte sie ja schon immer mal machen wollen ….

Ich muss an Astrid Lindgrens Spruch denken, den ich erst neulich wieder gelesen habe: „Aus dem ‚bald‘ machen wir ein ‚jetzt‘, bevor es ein ‚nie‘ wird“. Ich bin so froh, hier und jetzt unterwegs zu sein.

In Adorf, dem Hauptort der Gemeinde Diemelsee, esse ich zu Mittag und kaufe gewichtsoptimiert für das Abendessen ein, denn ich darf den Einkauf noch 15 km schleppen.

Eine Tafel informiert mich darüber, dass ich als nächstes devonische Gesteine besteige, die diskordant von Zechstein überlagert werden. Aha! Für einen Geologen mag das interessant klingen, für mich bedeutet das jedoch nur, dass ich auf einem geteerten Feldweg den Hügel rauf muss. Links Acker, rechts Wiese und obendrauf ein paar Windräder. Das ist so aufregend, dass ich sogar vom markierten Wege abkomme. Allzu tragisch ist das allerdings nicht, denn am Ende treffen diese Feldwege alle wieder aufeinander.

Ich überschreite die Grenze nach NRW und folge 1 km auf der ziemlich frequentierten Landstraße nach Giershagen. Zum Glück gibt es hier keine Leitplanken, sodass ich mich in Sicherheit bringen kann, sollte es doch mal eng werden.

Giershagen, ein Ortsteil von Marsberg mit knapp 1500 Einwohnern überrascht mich mit der riesigen Kirche „St. Fabian und Sebastian“. Irgendwie passt dieser kleine Ort und die große, dreischiffige Kirche nicht so recht zueinander. Sie wurde übrigens erst 1902 gebaut, nachdem die Vorgängerkirche abgerissen wurde. Ich finde, das sieht man ihr gar nicht an.

Auf einem Radweg wandere ich das Tal entlang vorbei am idyllisch gelegenen Friedhof mit der Kluskirche und danach einer Fabrik für Hygienepapiere (WEPA), die konstant vor sich hin rauscht und gar nicht mal so gut riecht. Vielleicht ist es auch die Kläranlage - hier bleibt einem kein olfaktorisches Highlight erspart. Umso schöner ist die Ruhe und die frische Luft danach.

Heute bin ich mindestens 90 % auf Asphalt gelaufen, die Füße brennen schon jetzt und ich vermute, dass sich das in den nächsten 8 km nicht mehr ändern wird. Das denke ich gerade und - schon biegt der E1 auf einen naturbelassenen Pfad und führt mich den Berg hinauf. Riesige Bärlauchfelder säumen den Weg, allerdings ist es schon etwas spät im Jahr, denn sie treiben bereits Knospen und haben teilweise zu blühen begonnen. Und nein – es sind keine Maiglöckchen!

Als ich die Anhöhe erreicht habe und sich der Blick öffnet, sehe ich unten im Tal Niedermarsberg - oben thront Obermarsberg auf dem nach drei Seiten steil abfallenden Bergplateau. Bei dieser Lage ist es kein Wunder, dass dieser Hügel bereits vor vielen Tausend Jahren bewohnt wurde. Steinzeitliche Funde belegen dies.

Das Ziel vor Augen, selbst wenn es noch einige Kilometer entfernt ist, läuft es sich gleich viel besser.

Obermarsberg betrete ich auf der flachen Südseite durch die Hexengasse.

Vielleicht werde ich dieses historische Städtchen, das bis 1975 noch Stadtrechte hatte, morgen erkunden. Heute mache ich jedenfalls keinen Schritt mehr als nötig.

Der Check-in im „Bei Steggers“ läuft problemlos und ich kann sogar noch ein Bier fürs Zimmer bekommen. Dieses liegt direkt unter dem Dach, hat einen Balkon und einen tollen Ausblick. Und viele niedrige Dachschrägen. Ich darf also besonders auf meinen Kopf aufpassen, denn sonst kann ich auch schon tagsüber Sterne sehen.

Da ich mein Essen dabei habe, bleibe ich den Rest des Tages in Zimmer und revidiere meine Planung für nächste Woche. Ich hatte für Dienstag und Mittwoch eine Nacht im Wald und eine Nacht auf dem Campingplatz vorgesehen. Da der Wetterbericht für beide Tage über 10 mm Niederschlag vorsieht und ich auch so schon genug am Kämpfen bin, „verschiebe“ ich die Etappenpunkte etwas und buche mir ein Dach über dem Kopf. Ich bin froh, dass das geklappt hat.

Fazit: Sonnenschein macht mehr Spaß, auch wenn die Füße genauso wehtun.

Länge Auf Ab
28.4 km 481 Hm 596 Hm

 

 


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