Sankt Hubertus, 04.06.2023
In dem super bequemen Bett habe ich geschlafen wie ein Baby. Bevor ich mit dem Bus zum gestrigen Endpunkt zurückfahre, frühstücke ich gemütlich. Das kleinteilige Buffet, bei dem kein Schüsselchen und Schälchen größer als meine Müslischale zu Hause ist, empfinde ich als anstrengend. Die kleinen Mengen sollen wahrscheinlich zu vornehmer Zurückhaltung ermuntern. Gemüse sieht man eher als Dekoration an. Zwei Handvoll Cocktail-Tomaten und vielleicht eine viertel Paprika, diese allerdings so dünn geschnitten, dass sie fast als Carpaccio durchgeht, finde ich für einen vollen Frühstückssaal nicht angemessen.
Auch heute kann ich wieder erleben, was mein hellgrüner Rucksack bei anderen Menschen auslöst. Mir macht er gute Laune und an der Bushaltestelle spricht mich eine Frau in den Siebzigern an und will alles über den Rucksack wissen.
Nachdem ich in den letzten Tagen den Busfahrern mein D-Ticket immer mehr oder weniger aufgedrängt habe, lasse ich es heute. Da pampt mich der Busfahrer sowas von an. Inhaltlich mag er ja recht haben, doch macht der Ton die Musik. Heute wäre mir ein orientierungsloser, freundlicher osteuropäischer Fahrer tatsächlich lieber.
Der Himmel ist etwas weniger strahlend blau als gestern und ich wandere im NSG Wakenitz idyllisch am Waldrand vor mich hin. Die Stadtmitte von Lübeck ist keine 10 km entfernt, doch davon ist hier, abgesehen von etwas mehr Joggern und Radlern, absolut nichts zu spüren. Selbst die Mücken sind mindestens genauso aggressiv wie sonst.
Unglaublich schön ist es an der Wakenitz mit ihren Seitenarmen. Auf dem Wasser befinden sich nur wenige paar Paddler und Gänse. An Land nur Radler und Fußgänger. Kein Auto. Kein Lärm. So friedlich. Mir gefällt es hier.
Ich rette eine Blindschleiche vom Radweg, und passiere Lübeck-Eichholz. Norddeutschen Charme bemerke ich keinen - in den Vororten von Frankfurt sieht es ähnlich und genauso wenig ansprechend aus.
Weiter geht es durch den Wald. Am Wesloer Moor unterhalte ich mich eine ganze Weile nett mit einem Mann, der mit seinem großen Bernhardiner spazieren geht und gebe ihm zum Abschied eine Karte mit der Adresse dieser Website. Keine zwei Stunden später erhalte ich eine Mail, in der er mir für das Gespräch dankt und ein Übernachtungsangebot macht, für den Fall, dass ich in Lübeck Probleme haben sollte. Ich bin sprachlos.
Nach der Querung einer großen Hauptstraße befinde ich mich direkt an der Trave, die an dieser Stelle extrem breit ist. Da sich der Weg auf der anderen Straßenseite nicht offensichtlich fortsetzt, fürchte ich schon, der Straße entlanggehen zu müssen, als ich begreife, dass ein großes Metalltor nur die Fischotter innerhalb der Umzäunung, aber nicht die Wanderer außerhalb halten möchte, denn ich kann das Tor problemlos öffnen.
Auf der Herreninsel, einer Halbinsel in der Trave, gehe ich bis ans äußerste Ende und begutachte, wie wenige Meter Fluss der Herrentunnel seit 2005 effektiv unterquert. Eine Einheimische meint, sie sei als Kind öfter hinübergeschwommen, was wegen der Strömung anstrengender als erwartet sei und wir einigen uns auf etwa 100 m. Danach gehe ich zurück zum Shuttle Bus - dem offiziellen E1-Verkehrsmittel, denn der Tunnel ist für Fußgänger und Radfahrer gesperrt - und beende die heutige Tour.
Morgen ist Ruhetag. Übermorgen setze ich die Wanderung dann auf der anderen Seite fort.
Obwohl ich gestern im Supermarkt so sehr um ein paar einzelne Karotten gekämpft habe, genehmige ich mir jetzt eine Kleinigkeit in der Gaststätte „Zum Travesegler“. Ein nettes Tischgespräch gibts dazu.
Ich bin heute ohne Pause durchgelaufen, obwohl es einige schöne Bänke gab, die mir wegen der Mücken allerdings zu unattraktiv waren. Ich sollte das nicht tun und darauf achten, meinen Füßen zwischendurch eine Pause zu gönnen.
Nach dem Mittagessen fahre ich mit dem kostenlosen Shuttlebus durch den Herrentunnel und gleich danach mit einem Linienbus abermals durch den Tunnel und in die Stadt, wo ich in unser Luxus-Hotel einchecke und mich nach der vielen Sonne über eine kühle Dusche freue.
Länge | Auf | Ab |
---|---|---|
15.7 km | 45 Hm | 51 Hm |